Weihnachten, Ostern, Pfingsten - all diese Feste haben einen zweiten Feiertag. Doch ist das noch zeitgemäß? Und würde es der Wirtschaft tatsächlich helfen, wenn ein Tag wie der Pfingstmontag wegfiele?

An Pfingsten ist in Mainz von Feiertagsruhe nicht viel zu merken. In der Innenstadt bummeln viele Bürger durch die Gassen, lassen sich in einem Café einen Kuchen schmecken. Auch zahlreiche Tagesausflügler sind in der rheinland-pfälzischen Landeshaushauptstadt unterwegs. "Feiertage sind etwas Schönes - für die gesamte Gesellschaft. Zusätzlich arbeiten möchte ich nicht", sagt Lucilia Fernandes.

Die junge Erwachsene ist rund um den Dom mit Freunden unterwegs. Die sehen es ähnlich. "Feiertage sind wichtig für Menschen, die eine Sieben-Tage-Woche oder 24-Stunden-Schichten haben." Der Pfingstmontag sei eine Tradition und damit auch eine Gewohnheit, meint Franz Testi, der in der Gruppe dabei ist. "Auch wenn die Religion von immer weniger Menschen aktiv gelebt wird, so bedeuten die Feiertage einen gesellschaftlichen Zusammenhalt", fügt Johanna hinzu.

Stimmen dafür und dagegen

Christoph Tullius hat ebenfalls eine klare Meinung zu dem Thema. Er arbeitet bei einem gemeinnützigen Verein, der sich für Menschen in schwierigen Lebenssituationen engagiert: "Feiertage müssen bleiben. Die Arbeitsintensität ist sehr hoch." Bei Arbeitnehmern nähmen seelische Erkrankungen zu. Da gebe einen klaren Zusammenhang.

Doch es gibt auch Gegenstimmen wie die von Walter Gröschel. "Ich bin katholisch und glaube an Gott, aber brauchen wir Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam? Das muss nicht sein", so der Rentner. Er habe noch am Samstag gearbeitet. "Etwas mehr Fleiß und Pflichtbewusstsein würden der Wirtschaft heute guttun."


"Die Produktivität muss besser werden"

Claudia Sturm aus Speyer hat die Diskussion über die Feiertage mit angetrieben. Sie ist Chefin eines Maler- und Stuckateurbetriebes sowie Vizepräsidentin des Verbandes der Familienunternehmer. Von dort heißt es, immer weniger Menschen seien Mitglied in einer Kirche, dennoch profitierten alle von den christlichen Feiertagen, an denen sie nicht arbeiten müssten. Sturm plädiert dafür, einen Feiertag zu streichen - und hat den Pfingstmontag im Blick. "Ich habe schon heftige Kritik einstecken müssen. Ich bleibe aber dabei!"

Der Zustand der deutschen Wirtschaft bereite ihr zunehmend Sorgen. "Die Produktivität in Deutschland muss besser werden", sagt die Firmenchefin. Der Krankenstand sei zu hoch. Es müsse wieder mehr gearbeitet werden. In vielen europäischen Ländern gebe es weniger Feiertage als in Deutschland, so Sturm. "Dazu kommt dann noch ein deutlich niedrigerer Mindestlohn. Das sind für uns immer größere Wettbewerbsnachteile."

Seit Jahren beobachte sie bundesweit, aber auch im eigenen Betrieb, eine schwächer werdende Arbeitsmoral. "Junge Leute fragen teils nach einer Drei-Tage-Woche und achten sehr auf die Work-Life-Balance. Das wird so aber nicht funktionieren."

Auch weitere Feiertage Streichkandidaten?

Auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) ist für die Streichung eines oder mehrerer Feiertage. Geschäftsführer Bertram Brossardt nannte konkret den Ostermontag, Pfingstmontag oder den zweiten Weihnachtsfeiertag als Streichkandidaten. Deutsche Arbeitnehmer arbeiteten im Schnitt 92 Stunden weniger als österreichische und 391 weniger als italienische, so die Vereinigung unter Verweis auf OECD-Zahlen.

Unterstützung bekommt der Wirtschaftsverband vom Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Ein zusätzlicher Arbeitstag würde das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 8,6 Milliarden Euro erhöhen. Hüther erinnert daran, dass schon einmal ein gesetzlicher Feiertag abgeschafft wurde: der Buß- und Bettag in allen Bundesländern außer Sachsen im Jahr 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung. Das Institut für Wirtschaftsforschung Ifo in München kommt auf ähnliche Zahlen - und schlägt vor, einen Feiertag zu kippen. 

Verzerrte Statistik?  

Eine neue Untersuchung heizt die Debatte jetzt weiter an. Ausgerechnet das sonst als arbeitgeberfreundlich geltende Institut RWI in Essen war daran beteiligt. Katharina Schüller hat daran mitgeschrieben. Sie ist Geschäftsführerin des Münchener Unternehmens Stat-Up, das auf Datenanalyse spezialisiert ist.

"Deutschland sieht in der Statistik schlechter aus, als es eigentlich ist", erklärt die Arbeitsmarktexpertin. Für Schüller gehe es vielmehr um die Frage, was die Menschen hierzulande davon abhält, mehr und auch effizienter zu arbeiten. "Das liegt unter anderem daran, dass immer mehr Menschen in den Arbeitsmarkt einsteigen, aber nur in Teilzeit - vor allem Frauen", so die Geschäftsführerin. "Die hohe und in Deutschland steigende Teilzeitquote wird bei internationalen Statistiken wie der OECD nicht miteingerechnet. Das führt dann zu Verzerrungen." Umgerechnet auf alle Menschen im erwerbsfähigen Alter habe die Zahl der Arbeitsstunden sogar zugenommen. 

Für Schüller geht die Forderung, einen Feiertag zu streichen und dafür zu arbeiten, am eigentlichen Problem vorbei. "Rein rechnerisch gäbe es ein Plus von mehr als acht Milliarden Euro, aber die Produktivität steigt nicht, sondern es wird ja nur mehr gearbeitet. Wir haben strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt."

Dazu gehörten der Fachkräftemangel aufgrund der Demografie und eine zu gering qualifizierte Arbeitsmigration. "Dazu kommt dann noch zu viel Bürokratie und fehlende Technologien wie künstliche Intelligenz. All das führt in Summe dazu, dass wir nicht so produktiv sind, wie wir eigentlich sein könnten", erklärt die Forscherin. 

Kirchen und DGB gegen Vorstoß

Die Kirchen und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sind erwartungsgemäß gegen den Vorstoß. Auch politisch gibt es kaum Unterstützung. In der Debatte verweist die Bundesregierung auf die Zuständigkeit der Länder und versucht so, das unpopuläre Thema loszuwerden. Derzeit scheint es also wenig Chancen zu geben, dass ein Feiertag abgeschafft wird.

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