Rückschlag für die deutsche Konjunktur: Exporte und Industrieproduktion leiden unter den Auswirkungen des Zollstreits mit den Vereinigten Staaten. Ökonomen hoffen jetzt auf die Wirkung des Fiskalpakets.
Von einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum scheint Deutschland ersten Hoffnungszeichen zum Trotz noch weit entfernt zu sein. Die deutsche Industrie ist mit einem Rückschlag ins zweite Quartal gestartet. Industrie, Bau und Energieversorger drosselten die Produktion im April im Monatsvergleich um unerwartet starke 1,4 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Im April sanken die deutschen Exporte zum ersten Mal seit Oktober 2024. Die Statistiker errechneten hier ein Minus von 1,7 Prozent zum Vormonat auf 131,1 Milliarden Euro.
Aussichten trüben sich ein
Damit beginnen sich die befürchteten Auswirkungen des von US-Präsident Donald Trump initiierten Zollstreits langsam in den Konjunkturdaten zu manifestieren. "Statt Aufbruch herrscht Ernüchterung", kommentiert der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, die Exportdaten. "Die dramatisch gesunkenen Exporte in die USA schlagen deutlich ins Kontor."
Das gilt auch für die Industrieproduktion: Das Bundeswirtschaftsministerium warnt wegen der handelspolitischen Unsicherheiten infolge der US-Zollpolitik vor möglichen weiteren Rückschlägen. "Die Aussichten für eine Erholung der Industrieproduktion haben sich dementsprechend zuletzt wieder etwas eingetrübt", so das Ministerium.
Der Wendepunkt im Blick?
Allerdings warnen Experten auch vor zu viel Pessimismus. Die Rückgänge bei Exporten und Produktion seien kein Grund zu übertriebener Sorge, urteilt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung: "In der Summe deuten die Indikatoren darauf hin, dass sich die Lage in der Industrie stabilisiert und wir in der Nähe eines Wendepunktes zum Besseren sein könnten."
Auch die Commerzbank sieht Anzeichen einer möglichen Besserung. Analyst Ralph Solveen verweist auf höhere Auftragszahlen und auf den Anstieg des ifo-Indexes zum Geschäftsklima: "Darum gehen wir davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Quartalen wieder zulegen wird, auch wenn die höheren US-Zölle und die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft einen kräftigen Aufschwung verhindern werden."
Bundesbank rechnet mit verzögerter Erholung
Die Bundesbank äußerte sich heute ebenfalls zur deutschen Konjunkturentwicklung. Ihrer Einschätzung nach wird Deutschland aufgrund der Unsicherheit über die Handelspolitik der USA nur langsam aus der Talsohle herauskommen. Dieses Jahr werde die Wirtschaft kalenderbereinigt voraussichtlich stagnieren, teilte die Bundesbank in ihrer halbjährlichen Prognose mit. In ihrer Vorhersage vom Dezember war sie noch von einem schmalen kalenderbereinigten Wachstum von 0,2 Prozent ausgegangen.
"Die neuen US-Zölle und die Unsicherheit über die künftige US-Politik dämpfen zunächst das Wirtschaftswachstum", erklärte Bundesbankpräsident Joachim Nagel. 2027 würden dann die geplanten massiven Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben der Regierung die Konjunktur kräftig anschieben.
Fiskalpakete könnten Erholung forcieren
Die möglichen Auswirkungen des milliardenschweren Fiskalpakets der schwarz-roten Bundesregierung könnte sich auch nach Ansicht weiterer Ökonomen positiv auswirken. "Die deutsche Konjunktur profitiert von den EZB-Zinssenkungen und bald auch vom großen Fiskalpaket, auch wenn die US-Zollerhöhungen die Erholung dämpfen", meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank.
In den kommenden Monaten sei, vor allem aufgrund der angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung, mit einer langsamen Wachstumsbeschleunigung zu rechnen, so der IMK-Ökonom Dullien. "Ab Juli dürften die verbesserten Abschreibebedingungen für eine steigende Investitionsnachfrage sorgen. Auch dürften Unternehmen dann ihre aufgeschobenen Investitionen nachholen. Zudem dürften die öffentlichen Investitionen, die aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert werden, das Wachstum erhöhen."
Eurozone: Wachstum übertrifft Erwartungen
Positive Konjunktursignale kamen heute aus der Eurozone. Den Angaben der Statistikbehörde Eurostat zufolge hat die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 0,6 Prozent im Quartalsvergleich zugelegt. In der dritten Schätzung wurde das Wachstum damit von zuvor 0,3 Prozent aus der zweiten Schätzung deutlich nach oben korrigiert.
Unter anderem wurden auch die Daten zum Wirtschaftswachstum in Deutschland deutlich nach oben revidiert. Demnach wuchs die deutsche Wirtschaftsleistung zwischen Januar und März um 0,4 Prozent. Ursprünglich war nur ein Wachstum um 0,2 Prozent gemeldet worden. Als stärkste Volkswirtschaft in der 20 Staaten umfassenden Eurozone ist Deutschlands Konjunktur insgesamt von besonderer Bedeutung für das Prosperieren des Währungsraums.
Allerdings gilt es zu bedenken, dass sich die möglichen Auswirkungen des Zollstreits mit den USA in diesem Zeitraum noch nicht entfalten konnten. Deshalb ist die Bedeutung der Daten aus der Eurozone und zu Deutschland eher begrenzt.
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