Wenn die Abiturnote nicht für ein Medizinstudium in Deutschland reicht, helfen Vermittlungsagenturen, einen Studienplatz im Ausland zu bekommen. Der BGH hat das Geschäftsmodell jetzt überprüft.
Einen Medizin-Studienplatz zu bekommen, ist in Deutschland nicht leicht. Deshalb versuchen es viele deutsche Studienbewerber bei ausländischen Universitäten - und holen sich dabei Hilfe von privaten Vermittlungsunternehmen, zum Beispiel von StudiMed, einer Firma aus Köln. StudiMed vermittelt den Studienbewerbern einen Studienplatz gegen ein Erfolgshonorar.
Der Vermittlungsvertrag umfasse unterschiedliche Leistungen, sagt Hendrik Loll, Geschäftsführer von StudiMed: "Wir sitzen dann mit den angehenden Studierenden und den Eltern zusammen und finden gemeinsam heraus, welches der Wunschstudienort ist und was der beste Weg dorthin ist. Sobald wir das geklärt haben, kümmern wir uns um den ganzen Bewerbungsprozess. Wir optimieren die Unterlagen und sorgen dafür, dass alles richtig beglaubigt und übersetzt wird."
Erfolgshonorare zwischen 8.000 und 15.000 Euro
Der Vermittler unterstützt die Bewerber auch bei der Vorbereitung auf notwendige Aufnahmetests, bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen vor Ort. Für all diese Leistungen berechnet das Unternehmen ein Erfolgshonorar, das regelmäßig zwischen 8.000 und 15.000 Euro liegt. Aber wann genau darf ein solches Erfolgshonorar verlangt werden? Um diese Frage ging es am Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Der Hintergrund: Ein deutscher Bewerber hatte StudiMed beauftragt, ihm einen Studienplatz zu vermitteln. Ein paar Wochen später nahm er wieder Abstand vom Vermittlungsvertrag. Denn er hatte auch auf eigene Faust einen Studienplatz gesucht und bekommen - in Bratislawa in der Slowakei. Aber auch StudiMed hatte zwischenzeitlich einen Studienplatz für den Bewerber gefunden, und zwar an der bosnischen Universität in Mostar.
StudiMed teilte dem Bewerber mit, dass er ein Erfolgshonorar in Höhe von 11.000 Euro bezahlen müsse. So sei es in einer Klausel des Vermittlungsvertrags geregelt. Denn StudiMed habe ihm einen Studienplatz vermittelt, nämlich den an der Universität in Mostar.
Wer trägt das finanzielle Risiko?
Dieses Vermittlungsmodell würden die Kunden von StudiMed schätzen, sagt Geschäftsführer Loll. Denn es bedeute für die Kunden, dass StudiMed komplett in Vorleistung für sie gehe. Der Kunde zahle also nur und erst dann, wenn er seinen Wunschstudienplatz auch wirklich erhalten habe.
Das finanzielle Risiko, dass ein Bewerber den vermittelten Studienplatz doch nicht annimmt, will StudiMed aber nicht tragen. Die Entscheidung, ob der Studienplatz angenommen werde oder nicht, liege allein beim Studenten. Das sei vergleichbar mit einer Pizzalieferung: "Auch wenn man die Pizza nicht isst, muss man sie trotzdem bezahlen", sagt Loll.
BGH: Vertragsklausel ist unwirksam
Der Pizza-Vergleich und die anderen Argumente von StudiMed haben den Bundesgerichtshof nicht überzeugt. Der BGH entschied: Die Vertragsklausel ist unwirksam. Sie benachteilige den Studienbewerber in unangemessener Weise. Der Studienbewerber müsse die Vermittlungsgebühr nur bezahlen, wenn er den Studienplatz auch tatsächlich annehme. Die Situation sei vergleichbar mit der eines Immobilienmaklers: Auch da bekomme der Makler nur dann eine Provision, wenn der Hauskauf wirklich zustandekomme.
"Mit diesem Grundgedanken des Maklerrechts ist die Verpflichtung zur Zahlung der Erfolgsvergütung bereits mit der Zusage des Studienplatzes durch die Universität unvereinbar, durch die sich der Bewerber zudem auch zur Annahme des Studienplatzes gedrängt sehen kann, wenn er eine hohe Jahresgebühr zahlen muss", sagte Thomas Koch, der Vorsitzende des 1. Zivilsenats bei der Urteilsverkündung.
Agentur will Vertragswerk überarbeiten
Der betroffene Studienbewerber sagte der ARD-Rechtsredaktion, er sei über das Urteil sehr erleichtert. Er muss das Erfolgshonorar in Höhe von 11.000 Euro nach dem Urteil nicht an StudiMed zahlen. Er habe sich auch stellvertretend für die Studienbewerber wehren wollen, die das Erfolgshonorar aus Angst davor bezahlt hätten, von StudiMed verklagt zu werden.
Nach dem heutigen Urteil muss das Unternehmen seine Vertragsklauseln anpassen. Hendrik Loll hat bereits angekündigt, dass StudiMed das tun wird. Da viele solcher Vermittlungsagenturen mit ähnlichen Klauseln arbeiten, werden auch sie diese nun ändern müssen.
Aktenzeichen: I ZR 160/24
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