Ausländische Geldgeber haben Deutschland gemieden. Vergangenes Jahr sanken ihre Investitionen auf den niedrigsten Stand seit 2011. Nur wenige Monate später ist die Stimmung wieder blendend. So etwas habe er in mehr als 30 Berufsjahren noch nie erlebt, sagt der Chef der Förderbank KfW.
Das Interesse internationaler Investoren an Deutschland nimmt nach Einschätzung von KfW-Chef Stefan Wintels zu. Der jetzige Zeitpunkt sei daher besonders günstig, um mit solchen Großinvestoren ins Gespräch zu kommen, sagte der Chef der staatlichen Förderbank dem "Handelsblatt". "Viele institutionelle Investoren sind in den USA überinvestiert und würden gern stärker in Europa und innerhalb Europas, insbesondere in Deutschland, investieren."
Wintels Eindrücke stammen von Werbeveranstaltungen in New York, London und Zürich. "In meinen mehr als 30 Berufsjahren habe ich noch nie einen so rasanten Stimmungswechsel miterlebt", sagt der KfW-Chef. "Wir sollten alles dafür tun, dieses positive Momentum für Deutschland und Europa zu nutzen."
Der Koalitionsvertrag enthält Wintels zufolge zahlreiche gelungene Anknüpfungspunkte wie die Modernisierung der Infrastruktur, Bürokratieabbau, Digitalisierung, ein klares Bekenntnis zu einer qualifizierten Fachkräfteeinwanderung und auch das Festhalten an den Klimazielen für das Jahr 2045. Für Investoren seien Verlässlichkeit und Stabilität wichtig, sagt er. Das Handeln der US-Regierung habe die Märkte verunsichert. "Die politische Stabilität, die wir in Deutschland haben, ist dagegen ein echter Wert, den wir pflegen sollten."
Kapital aus aller Welt notwendig
Wintels zufolge wird Kapital aus Asien, dem Nahen Osten, Großbritannien, den USA und Kanada benötigt, um die geplanten Investitionen zu stemmen: "Anders lassen sich die enormen Summen nicht aufbringen, die in den nächsten Jahren nötig werden."
Eine größere Finanzmarktsouveränität in Deutschland und Europa bleibt ebenfalls wichtig. "Diese können wir aus eigener Kraft erreichen." Die notwendigen Mittel seien vorhanden. "Wir reden über neun Billionen Euro privates Finanzvermögen in Deutschland und 30 Billionen Euro in Europa", sagt Wintels. Aus Sicht des Förderbank-Chefs ist die europäische Finanzbranche aber so stark reguliert, dass sich Geldhäuser und Versicherer aus Finanzierungen, die ähnliche Eigenschaften wie Eigenkapital aufweisen, faktisch verabschiedet haben.
Seine Forderung: "Wir sollten prüfen, wo wir Vorschriften anpassen können, ohne gleich die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden."
Deutschland fällt europaweit ab
Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hatte erst vor wenigen Wochen gemeldet, dass das Engagement von US-Unternehmen in Deutschland einer Analyse zufolge 2024 rapide gesunken ist: Die Zahl der Investitionsprojekte ging um 27 Prozent auf 90 zurück. "In anderen Ländern fiel das Minus mit 11 Prozent deutlich weniger drastisch aus", hieß es. "Unter den Top-Standorten Europas verzeichnete Deutschland den stärksten Einbruch."
Insgesamt sank die Zahl ausländischer Investitionsprojekte in Deutschland auf 608 - ein Rückgang um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der niedrigste Wert seit 2011.
Schwarz-Rot plant "Investitions-Booster"
Die schwarz-rote Koalition möchte deshalb bereits am Mittwoch Steuerentlastungen für die Wirtschaft auf den Weg bringen: Dann soll das ein "Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland" das Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz passieren. Bis 2029 sollen die Entlastungen insgesamt knapp 46 Milliarden Euro betragen.
Geplant sind unter anderem verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für betrieblich genutzte Elektroautos. Vorgesehen ist auch ein "Investitions-Booster": Unternehmen sollen bewegliche Güter wie Maschinen in diesem und den kommenden beiden Jahren mit jeweils maximal 30 Prozent von der Steuer absetzen können. Die Neuregelung soll für Investitionen ab dem 1. Juli und vor dem 1. Januar 2028 greifen.
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