Dass Florian Wirtz dem FC Bayern abgesagt hat, wird öffentlich als eine persönliche Niederlage von Uli Hoeneß dargestellt und gesagt, dass seine "alten Methoden" mittlerweile "überholt" seien. Doch schon vor über 20 Jahren klappte nicht immer alles - wie der damalige Fall des heutigen BVB-Sportdirektors zeigt!

"Ich habe mich davon überzeugt, dass Bayern München davon ausgehen konnte, dass eine Zusage zu einem Wechsel nach München besteht. Ich habe Verständnis, wenn der FC Bayern München über meine Entscheidung, zu Borussia Dortmund zu wechseln, enttäuscht ist." Das waren die denkwürdigen Worte des heutigen Sportdirektors von Borussia Dortmund und damaligen Spielers des SC Freiburg, Sebastian Kehl, am 6. Januar 2002.

Vorausgegangen war ein wochenlanges, erbittert geführtes Ringen um seine Gunst zwischen dem FC Bayern München mit Uli Hoeneß auf der einen Seite und dem BVB mit Manager Michael Meier und Präsident Gerd Niebaum auf der anderen. Am Ende hatte Uli Hoeneß den Kampf um Kehl verloren - doch die Worte des heutigen BVB-Sportdirektors zu seiner eigenen Rehabilitation in der Öffentlichkeit zuvor noch vehement eingefordert.

Von wegen "Kehl kommt zum FC Bayern"

Wenn in diesen Tagen rund um das Werben um den deutschen Fußball-Nationalspieler Florian Wirtz davon gesprochen wird, dass die "alten Methoden des Uli Hoeneß" nicht mehr wirken und "überholt" seien, dann sollte man sich vielleicht einmal genau an diese irre Zeit zwischen den Jahren 2001/02 zurückerinnern. Denn schon damals musste der frühere Bayern-Manager eine empfindliche Niederlage im Ringen um einen der besten und zukunftsfähigen deutschen Spieler der damaligen Zeit einstecken.

Der Kampf um Sebastian Kehl erinnert frappierend an die heutigen Ereignisse rund um einen möglichen Transfer des Spielers von Bayer Leverkusen, Florian Wirtz. Auch damals hatte Hoeneß das Werben um den begehrten Spieler in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Zwischenzeitlich hatte sich der damalige Bayern-Manager sogar zu der Aussage verleiten lassen, dass "Sebastian Kehl zum FC Bayern kommt und schon im Sommer seine Zusage für einen Wechsel gegeben" habe. Auch damals schon hatte sich Hoeneß nicht nehmen lassen, die Medienberichte rund um einen potentiellen Wechsel abzuwatschen ("vollkommen falsch") und stets sehr siegessicher gewirkt. Doch dieses Gefühl sollte den Bayern-Manager, ähnlich wie heute, am Ende bitter trügen.

Parallelen zu Wirtz

Genau wie aktuell im Fall Florian Wirtz mischte auch damals die Familie des Spielers aktiv im Treiben um einen möglichen Transfer mit. Im Winter 2001/02 gelang es damals dem BVB, Sebastian Kehl und seine Familie trotz des eindeutigen Statements von Uli Hoeneß zum Nachdenken anzuregen. Denn obwohl der Freiburger Spieler, wie er es später selbst in seinen Worten ja zugab, den Bayern das sichere Gefühl vermittelt hatte, dass er zu ihnen wechseln würde, ließ er sich noch umstimmen. Was im aktuellen Fall Florian Wirtz am Ende dazu bewogen hat, dem FC Bayern abzusagen, wird man in den kommenden Tagen sicherlich genauer erfahren. Und dann wird man auch sehen, wie der Aufsichtsrat des FC Bayern München, Uli Hoeneß, darauf öffentlich reagieren wird.

Damals im Fall von Sebastian Kehl konnte der Manager des Rekordmeisters seine übergroße Enttäuschung nicht verbergen und kanzelte den jungen Nationalspieler und seinen zukünftigen Verein mit harten Worten ab: "Wenn jemand so lügt, wie in dieser Geschichte gelogen wird, dann macht es wenig Spaß mit solchen Leuten. Dortmund versucht, ihn mit Geld zuzuschütten, und ein Spieler mit labilem Charakter ist davon leicht zu überzeugen."

Tiefe, persönliche Verletzung

Hoeneß' öffentliche Reaktion, aus der eine tiefe, persönliche Verletzung sprach, war auch deshalb so eindeutig und klar, weil sich sein Plan, den Kader der Bayern mit deutschen Spielern nach und nach zu verjüngen, um im Zuge der kommenden Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land einen eigenen "Bayern-Block" in der Nationalmannschaft zu stellen, erst einmal zerschlagen hatte. Zudem wurmte den damaligen Bayern-Manager die Tatsache, dass ihm zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit der BVB einen Spieler vor der Nase weggeschnappt hatte. Denn auch am Tschechen Tomas Rosicky sollen die Bayern zuvor sehr interessiert gewesen sein.

Tatsächlich wird Uli Hoeneß nun auch mit der Entscheidung von Florian Wirtz entschieden hadern. Zu sicher schien der Transfer zum FC Bayern München offensichtlich gewesen zu sein. Doch wer den früheren Bayern-Manager kennt, der wird wissen: Eine entsprechende Reaktion wird von Uli Hoeneß, auch wenn er heute nicht mehr im Tagesgeschäft aktiv ist, nicht lange auf sich warten lassen. Denn seine Art und seine Methoden mögen manches Mal scheitern - doch "überholt" sind sie damit noch lange nicht. Schließlich sind es im Großen und Ganzen immer noch dieselben wie vor über 45 Jahren, als Uli Hoeneß begann, den FC Bayern München zu dem Verein zu machen, der er heute ist.

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