Er lächelte zufrieden und ließ auch ein klein wenig Genugtuung erkennen. Dino Toppmöller, der Trainer von Eintracht Frankfurt, nutzte die Gelegenheit, um mit einer Mutmaßung aufzuräumen, die in den vergangenen Tagen mehrmals geäußert worden war – und ihn offensichtlich verärgert hatte. Da war behauptet worden, dass seine Mannschaft durch die beiden klaren Niederlage in der Bundesliga gegen Bayern München und Bayer Leverkusen in eine Art Sinnkrise gestürzt sei. Das sei falsch, so Toppmöller. „Ich glaube, wir sollten immer alles in eine gewisse Relation setzen. Wir intern können das, wir bleiben ruhig: Wir waren nicht am Boden zerstört“, sagte vom Podium im Presseraum Johan-Cruyff-Arena aus.

Den Beleg dafür hatten die Frankfurter zuvor geliefert. Toppmöllers Team gewann 2:1 (1:1) bei Ajax Amsterdam und verschaffte sich so eine nahezu perfekte Ausgangsposition für den Einzug in das Viertelfinale der Europa League. Die Krise, sofern überhaupt vorhanden, war gestern – die Eintracht meldete sich auf überzeugende Art und Weise zurück.

„Wir haben eine brutal starke erste Hälfte gespielt“, stellte Toppmöller fest und lobte vor allen Dingen die mentale Stärke seiner Mannschaft. Schließlich hatte sie ja nicht nur das 0:4 bei den Bayern und das 1:4 gegen Leverkusen im Rucksack, sondern musste am Donnerstag auch einen schnellen Rückstand wegstecken. „Da ist es schon beeindruckend, so zurückzukommen.“

Krösche und Toppmöller arbeiten systematisch an Verbesserungen

Was dem Coach besonders imponierte, war die Überzeugung, mit der das Spiel gegen den Tabellenführer der niederländischen Eredivisie gedreht wurde. „Wir sind im Kollektiv körperlich von Beginn an da gewesen“, lobte er seine Spieler. Das sei ein Zeichen von „Resilienz“ – die wiederum ist ein wichtiger Baustein für das Langzeitprojekt, an dem sie in der Main-Metropole arbeiten: aus der Eintracht eine nationale und internationale Spitzenmannschaft zu formen.

Die Frankfurter gehen unabhängig von zwischenzeitlichen Rückschlägen diesen Weg weiter. Das haben sie auch in den vergangenen Jahren getan – egal, welche jeweiligen Probleme es tagesaktuell zu lösen gab.

Toppmöller ist im zweiten Jahr in Frankfurt. Er ist gewohnt, dass es zur Fluktuation von Spielern kommt. Das führte auch in der vergangenen Saison zu Reibungsverlusten und Kritik an ihm. Sportvorstand Markus Krösche hielt jedoch trotzdem an dem 44-Jährigen fest. Er wusste um die Probleme, die sich in erster Linie aus den personellen Veränderungen im Kader ergaben. Krösche und Toppmöller arbeiten systematisch an Verbesserungen – vor allem durch zielgerichtete Verpflichtungen, wenn auch häufig in Reaktion auf schmerzhafte Spielerabgänge. Sie wie zuletzt im Fall von Omar Marmoush. Der Torjäger war im Januar für 75 Millionen Euro Ablöse zu Manchester City gewechselt. Das hatte sich kaum verhindern lassen, traf den Klub aber nicht unvorbereitet.

Kaum war der Ägypter weg, waren in Elye Wahi von Olympique Marseille, und Michy Batshuayi von Galatasaray Istanbul auch schon zwei Alternativen da. Für sie hatte Krösche zusammen knapp 30 Millionen Euro bezahlt. Doch ein nahtloser Übergang gelang trotzdem nicht.

Das war erwartbar. Marmoush hatte in 26 Pflichtspielen 20 Tore erzielt, er war die zentrale Figur der Offensive. Ohne ihn musste die Spielweise angepasst werden. Hier liegt der entscheidende Grund, warum es in den vergangenen sechs Wochen nach dem Transferwinter Probleme gab.

Von Ende Januar bis Anfang März konnte wettbewerbsübergreifend nur eines von sieben Spielen gewonnen werden. Toppmöller stellte häufig um, wechselte das Personal und änderte die Grundformation. Mal versuchte er es mit Wahi, mal mit auch Batshuayi – erfolglos. Beide Zugänge sind bislang noch ohne Tor und Torbeteiligung. Deshalb baute der Trainer zuletzt vor allem auf Hugo Ekitiké in vorderster Linie – mal als einzige Spitze, mal in einem Zweierangriff. „Die Wände in meinem Trainerzimmer waren mit möglichen Aufstellungen der Frankfurter tapeziert“, sagte Ajax-Trainer Francesco Farioli. Noch nie sei es ihm so schwergefallen, einen Gegner auszurechnen.

Doch in Amsterdam tat Toppmöller das Naheliegende – und trug so entscheidend zum Erfolg bei. Er setzte auf Bewährtes: ein kompaktes Mittelfeld mit den eingespielten Stammkräften Hugo Larsson, Ellyes Skhiri und Mario Götze, die schnellen Flügelspieler Jean-Matteo Bahoya und Ansgar Knauff sowie Ekitiké, der als Zielspieler alle Lauf- und Passwege kennt. Die Wucht, die die Eintracht entfaltete, war zu viel für den Gegner. „Wir wollten mit Herz spielen und zusammenstehen. Und obwohl wir früh das Tor kassierten, haben wir eine gute Reaktion gezeigt“, sagte Skhiri.

Tatsächlich konnte das 0:1, als sich Keeper Kevin Trapp bei einem Flankenball verschätzt hatte und Brian Brobbey unbedrängt einköpfen konnte (10. Minute), dem Team nichts anhaben. Die Eintracht drehte das Spiel durch Treffer von Larsson (28.) und Skhiri (70.). Es war ein Kraftakt. „Es ging darum, physisch da zu sein, das ist uns gelungen“, erklärte Toppmöller, nachdem seine Mannschaft es geschafft hatte, die lauten Ajax-Fans unter den 54.000 Zuschauern zum Schweigen zu bringen.

„Das ist schon eine richtig gute Geschichte“, sagte Krösche. Ihm gefiel vor allem, dass „neben der Qualität, die diese Mannschaft hat“ auch „ihre Widerstandskraft“ erkennbar gewesen sei. Das werde auch in der Bundesliga, wo die Eintracht am Sonntag Union Berlin (15.30 Uhr, DAZN) empfangen wird, das Selbstbewusstsein wieder wachsen lassen. Zudem sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich Wahi und Batshuayi, die beiden Marmoush-Nachfolger, integriert haben werden. Die Aussicht, im Rückspiel gegen Ajax am kommenden Donnerstag unter die besten acht Teams in der Europa League vorstoßen zu können, macht ebenfalls Mut.

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