Thomas Müller wird nie wieder im Trikot des FC Bayern in der Champions League auflaufen. Die Klubikone verabschiedet sich aus dem Wettbewerb mit einem Interview. Seine Zukunft ist nach wie vor ungewiss.

Da stand Thomas Müller auf dem Rasen des legendären San Siro und hatte wirklich gar keine Lust auf die ganze Gefühlsduselei. Der FC Bayern war gerade bei dem Versuch gescheitert, die 1:2-Hinspielniederlage gegen Inter Mailand wettzumachen. Das 2:2-Remis reichte jedoch nicht, um es ins Halbfinale zu schaffen. Und das bedeutete auch: Müllers 163. Einsatz in der Champions League (natürlich ein deutscher Rekord) ist auch sein letzter in diesem Wettbewerb - zumindest im Trikot des FC Bayern.

"So emotional fühle ich das gerade gar nicht. Ich bin auch gar nicht so enttäuscht. Ich bewerte Spiele für mich selber: Habe ich alles gegeben, kann ich in den Spiegel schauen? Hat die Mannschaft alles gegeben, können wir in den Spiegel schauen?", sagte Müller bei DAZN. "Man kann überall alles sezieren, am Ende habe ich Spieler auf dem Platz gesehen, die alles gegeben haben", lobte er seine Kollegen. Und doch analysierte er das Spiel auf Müller-Art, das wollte er sich dann nicht nehmen lassen. "In der ersten Viertelstunde waren wir eigentlich wirklich besser. Da hätten wir wirklich eins machen müssen: die Fast-Riesenchance von Michael (Olise), bei mir kam noch einer dazwischen. Die blocken natürlich auch gut, die Italiener mit den Büffeln dahintendrin."

Klar, man könnte mit der Lupe ganz tief reingehen, sagte Müller über die beiden Tore der Italiener, die beide nach Eckbällen gefallen waren. Erst traf Lautaro Martinez, drei Minuten später dann ausgerechnet Benjamin Parvard, der ehemalige Bayer. Und klar, analysierte Müller, sind die Münchner danach unruhig geworden. "Nach dem zweiten Gegentor haben wir zehn Minuten verschenkt, da waren wir etwas fahrig, bisschen mehr Chaos auf dem Platz." Doch die Bayern kamen zurück: Verteidiger Eric Dier glich selbst nach einer Ecke aus. "Dann haben wir uns wieder gefangen, hatten Energie von der Bank. Also wie man es sich wünscht. Und am Ende: Geht in den letzten fünf Minuten vielleicht noch einer rein, dann stoßen wir das Tor nochmal auf und dann stehen wir anders hier", erklärte Müller. Ball um Ball flog in den Strafraum der Mailänder, nur keiner davon landete im Tor. Da war das K.-o.-Spiel aber schon verloren.

Zu früh in der Rente?

Thomas Müller hat viele Qualitäten, die sich nur schwer in Worte fassen lassen. Er war nie der athletischste Spieler, nie der technisch versierte Dribbler - und doch wurde er der erfolgreichste Profi in der Geschichte des FC Bayern. Darüber hinaus hat er sich andere wichtige Fähigkeiten draufgeschafft: Es gibt nicht viele Aktive, die ein Fußballspiel so analysieren können, wie er das kann. "Am Ende kann man das interpretieren: Inter ist weiter, sie haben irgendetwas besser gemacht als wir. Aber es war auf Augenhöhe. Aber so ist Fußball", fasste er das Platzen des großen Traums zusammen, das Finale am 31. Mai in München spielen zu können.

Und zu dem Business gehört auch, dass Karrieren enden. Im Fall der Ära Müller und dem FC Bayern zeichnete sich das schon länger ab. Das erkannte er auch in dem DAZN-Interview an. Sein Körper sei eben schon 35 Jahre alt, da könne er so früh ins Bett gehen, wie er wolle, sagte er. Zwar wüssten Kopf und Füße noch, was sie in der Nähe des Strafraums machen sollten. Und auch, wenn sie das nie verlieren werden: Müllers Einsatzzeiten nahmen zuletzt kontinuierlich ab. Bis auf das Inter-Hinspiel beschränkten sich in dieser Saison auch seine Torbeteiligungen mittlerweile auf eher unwichtige Partien.

Es gibt also starke sportliche Argumente. Und doch bleibt das Gefühl, dass der FC Bayern jemanden verliert, der nicht nur rein sportlich wichtig war. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte sich schon mehr oder weniger verzweifelt gefragt, wer denn bald über Fußball reden würde, wenn Müller weg sei. Etwa die Langweiler?

Ab jetzt ist er entspannt

Müller hatte diese besondere Fähigkeit über die Jahre trainiert. In der turbulenten Zeit unter Thomas Tuchel, war es Müller, der auch mal den Trainer deutlich nach einer 0:3-Niederlage verteidigte. Diese Fähigkeit reifte immer weiter. Und kam auch während der Heim-Europameisterschaft zum Einsatz. Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte ihn vor allem aus atmosphärischen Gründen mitgenommen, weniger aus sportlichen. Dort bremste er die Euphorie, wenn es nötig war. Und erklärte Dinge, die erklärungsbedürftig waren.

Sein Bayern-Abschied wird jedoch auch immer einen Beigeschmack haben. Auch weil sich die Begründungen für das Aus, abhängig vom Interviewgeber unterschieden: Mal waren es rein sportliche Gründe (Max Eberl), mal spielten auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle (Uli Hoeneß). Hinzu kommt die Art und Weise: Nicht Müller und Verein verkündeten gemeinsam das Ende, wie das dem BVB mit Marco Reus gelungen war. Die Fans erfuhren es über Medienberichte und final über den Instagram-Account des Spielers.

So geht es für die Klubikone auf die Abschiedstournee. Angeblich sollen sich schon zahlreiche Klubs um ihn beworben haben. Wie es künftig weitergeht? Das weiß auch der nicht, der ein besonderes Gefühl für den Fußball hat. "Ich kenne die Planung tatsächlich noch nicht. Ich habe in den heißen Wochen noch nichts vorangetrieben. Also ist es mir auch völlig egal, was jetzt kommt", sagte er und fügte an: "In zwei Tagen kommt tatsächlich erst mal Heidenheim. Das ist zwar ein harter Break, aber es ist so."

"Die Zahlen bedeuten mir im Rückblick nur so viel, dass ich es immer wieder geschafft habe, mich intern durchzusetzen und immer wieder meinen Teil beitragen zu können", so Müller. Er freue sich, "dass ich so viel Spaß hatte. Der Rest wird die Zukunft zeigen, aber ich bin da relativ entspannt".

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