Freude, Leid und Ärger: Thomas Müller durchlebt innerhalb kürzester Zeit einen dramatischen Abend. Bei der Champions-League-Pleite seines FC Bayern bringt er die Fans mit einem Wunder zum Ausflippen. Am Mikrofon danach platzt Müller aber der Kragen.

Es ist eigentlich alles angerichtet. Für das Heldenspiel. Sein Heldenspiel, das von Bayern Münchens Urgestein Thomas Müller. Eigentlich.

Die Münchner beißen sich am defensiv so clever wie abgeklärt aufspielenden Inter Mailand die Zähne aus - bis eben jener Knipser antritt, von dem auch heute noch niemand so richtig weiß, wie und warum er einfach immer richtig steht und ins Tor trifft, um sie in seiner 162. Partie in der Königsklasse mal wieder alle das Fürchten zu lehren.

Der 35-Jährige wird in der 74. Minute eingewechselt. Seine erste Heldenchance lässt er noch liegen, weil zwei Italiener sich in die Schussbahn werfen (82.). Doch nur 180 Sekunden später flippt die komplette Allianz-Arena aus. Es tritt das Unglaubliche ein, das Wunder, von dem selbst die kühnsten Bayern-Fans kaum zu träumen gewagt hatten. Der Traum vom "Finale dahoam" - das Endspiel der Champions League findet dieses Jahr in München statt - mutiert wieder zur Realität.

Müller: "Da ist noch einiges drin"

Thomas Müller trifft zum Ausgleich gegen Inter und avanciert zum kitschigen Kinohelden. Ausgerechnet Thomas Müller. Der Ur-Bayer hatte am Wochenende seinen Abschied aus München erklärt. Gegen seinen Willen wohlgemerkt. Der FC Bayern plant nicht mehr mit ihm, aber der Rio-Weltmeister zeigt an diesem Dienstagabend wieder einmal, warum er selbst für einen Weltverein noch eine wichtige Rolle spielen kann. Dass er noch immer - wenngleich natürlich längst nicht mehr so oft wie früher - Spiele entscheiden kann.

Doch der Müller'sche Hollywoodfilm hat kein Happy End. Wiederum nur drei Minuten nach dem Ausgleich sticht ein perfekt ausgespielter Konter der Italiener den Bayern und Müller ins Herz. Welch ein Drama. Welch kalte Dusche. Bitteres Leid so kurz nach dem Urschrei des Jubels. Das 2:1 nimmt jedem Müller-Kitsch die Luft, schlägt jedem Freudentanz im Münchner Rund in die Magengrube. Das "Finale dahoam" rückt erneut in weite Ferne.

"Das haben wir uns vom Ergebnis her anders vorgestellt", sagt Müller bei Prime Video nach der Partie: "Inter ist sehr, sehr zäh zu bespielen. Sie sind wie Kaugummi. Es steht jetzt blöderweise durch den letzten Konter 1:2." Der Torschütze hadert mit der "Riesenchance von Harry" - er meint den Pfostenschuss von Harry Kane, eine Möglichkeit, die sich der englische Superstürmer normalerweise nicht entgehen lässt. Müller glaube aber dennoch, dass im Rückspiel "da noch einiges drin ist".

Müller mutiert zum Motzki

Doch als der Reporter ihn mit der zweiten Frage direkt darauf anspricht, ob der Trainer Thomas Müller denn den Spieler Thomas Müller von Anfang an gebracht hätte (nach dem Ausfall von Jamal Musiala gab es reichlich Spekulationen in diese Richtung), reagiert Müller angefressen. "Wieder eine interessante Frage, auf die ich natürlich nicht reinfalle", kontert er und sagt, er wolle "Nebenkriegsschauplätzen" keinen Platz geben.

Als dann die nächste Frage auf Müllers Emotionen abzielt, weil die Tage in München schließlich gezählt sind und es eines der letzten großen Müller-Heimspiele gewesen sein könnte, platzt dem Bayern-Star kurz der Kragen. "Habe ich gerade mein Abschiedsspiel gehabt oder war das ein Viertelfinalhinspiel?", raunzt er und unterbricht den Reporter auf dem Rasen. "Wir können uns gerne über das Spiel unterhalten, aber ich bin hier nicht auf einer Farewell-Tour, ich bin gerade Sportler."

Von Abschiedstour will Thomas Müller (noch) nichts wissen. Dafür ist er zu ehrgeizig. Zu sehr Winner-Typ. Dafür wird gegen Inter sein kitschiger Kurzhelden-Einsatz auch zu brutal bestraft, mit dem postwendenden Tor zum 2:1, das Müller und die Bayern nun gehörig unter Druck setzt.

Müller ist aber nicht nur Raumdeuter und Goalgetter, er ist auch Radiosender und Phrasendrescher. "Ich muss ganz ehrlich sagen: Das Bundesliga-Spiel am Wochenende habe ich jetzt nicht im Kopf", sagt er deshalb noch, "aber das Rückspiel gegen Inter." Am Samstag (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf ntv.de) geht es gegen niemand Geringeren als Borussia Dortmund.

Es sind spannende letzte Wochen auf der Abschiedstour des (Kurzzeit-) Helden Thomas Müller, die keine ist.

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