Für Hassan Moustafa wird es ein Heimspiel. Der Ägypter, in der Branche „Pharao“ genannt und seit 2000 im Amt, will sich am kommenden Wochenende beim Kongress des Handball-Weltverbands (IHF) wiederwählen lassen – in Kairo.
Seine Gegenkandidaten am Sonntag sind Franjo Bobinac (Slowenien), Tjark de Lange (Niederlande) und mit Gerd Butzeck ein Deutscher – der 66-Jährige wäre der erste deutsche IHF-Präsident in der 79-jährigen Geschichte des Weltverbandes.
Jean Kaiser war 2009 bislang letzter Gegenkandidat des 81 Jahre alten Moustafa. Der Luxemburger sagte der „Sport Bild“, er sei gemobbt und im IHF-Hotel in Kairo sogar bespitzelt worden. Beim Kongress durfte er nicht mal reden. Kaiser schwant: „Butzeck wird sich wahrscheinlich genauso eine blutige Nase holen wie ich 2009. Ich wünsche es ihm nicht. Aber es kann gut sein, dass einige Schikanen auf ihn warten.“
Auch Butzeck selbst rechnet mit dem Schlimmsten: „Angst habe ich nicht. Aber es ist natürlich auch kein Zufall, dass der Kongress erneut in Kairo stattfindet. Ich vermute mal, dass es mir genauso ergehen wird wie Kaiser. Damit nicht zu rechnen, wäre etwas blauäugig.“
„Wir fahren nicht unvorbereitet dorthin“, sagt der deutsche Handball-Präsident
Zumal es im Mai ein mahnendes Beispiel gab. Beim Kongress des Tischtennis-Weltverbands (ITTF) hatte sich Amtsinhaberin Petra Sörling knapp gegen den katarischen Gastgeber Khalil Al-Mohannadi bei der Präsidentenwahl in Doha durchgesetzt. Danach kam es zu Tumulten, die Schwedin flüchtete sich aus Angst um Leib und Leben in die Botschaft ihres Landes.
Die achtköpfige Delegation des Deutschen Handballbunds (DHB) ist gewarnt. „Wir fahren nicht unvorbereitet dorthin. Das ist uns sonst zu heiß. Unser Sicherheitsbeauftragter war mit den deutschen Behörden im engen Austausch“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Dabei sollen auch mögliche Flucht-Szenarien durchgespielt worden sein, falls es wie bei der ITTF zu Übergriffen kommen sollte.
Was die Wahl selbst anbelangt, ist Butzeck optimistisch: „Wenn die Zählmaschine bei der Stimmenauswertung ordnungsgemäß funktioniert, gewinne ich.“ Für ihn entscheidet sich beim Wahl-Showdown in Kairo nicht weniger als „das Schicksal des Handballs“. Er wolle die Sportart nach einem Erfolg an der Urne in eine gesicherte Zukunft führen.
Investitionsstau trotz prall gefüllter Konten, stockende Globalisierung, kaum Innovationen und ein erheblicher Personalmangel in der Weltverbandszentrale: Das sind nur einige Punkte auf Butzecks Mängelliste unter der Führung des 81 Jahre alten Moustafa, der sich erneut zur Wiederwahl stellt.
„Vier weitere Jahre würden Stagnation statt Fortschritt und Weiterentwicklung bedeuten. Wir brauchen Wandel, Transparenz und Professionalisierung bei der IHF“, sagte Butzeck der „FAZ“. Um den olympischen Status der Sportart zu bewahren, müsse sie moderner und vor allem globaler werden.
Der ehemalige Handball-Schiedsrichter, der als hauptamtlicher Geschäftsführer der europäischen Clubhandball-Vereinigung über ein breites Netzwerk verfügt, hat in dem achtmonatigen intensiven Wahlkampf den Slogan: „Handball deserves more“ (Handball verdient Besseres) propagiert. Unterstützt wird er dabei vom Deutschen Handballbund, der einen Führungswechsel im Weltverband für dringend geboten hält. „Ich habe die Sorge, dass der Handball den Anschluss an den Weltsport verliert“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann.
Deshalb müsse man „als großer Verband auch den Mumm haben, einen Kandidaten für das höchste Amt zu stellen. Für den Welt-Handball ist es notwendig, eine dynamischere und modernere Alternative zu bieten. Das machen wir mit Gerd Butzek“, so Michelmann.
Aus Sicht des DHB-Präsidenten werde der Handball „nicht professionell genug nach außen vertreten“. Zudem dürften Weltmeisterschaften nicht nur in Europa stattfinden – „auch wenn du dann mal nicht so viel Gewinn machst und vielleicht auch nicht die perfekten Bedingungen hast“. Und schließlich müsse mehr Geld in die globale Entwicklung des Sports investiert werden. „Es nutzt doch nichts, wenn auf dem IHF-Konto in der Schweiz vielleicht 200 oder 300 Millionen liegen“, monierte Michelmann.
Konkret verfügte die IHF im Jahr 2022 über liquide Mittel und Anlagevermögen in Höhe von fast 193 Millionen Schweizer Franken (rund 207 Millionen Euro), von denen nur rund 8,4 Millionen Franken (4,3 Prozent, rund neun Millionen Euro) in die weltweite Entwicklung flossen. Das will Butzeck ändern.
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Doch nicht allen gefällt es, dass der DHB den ägyptischen Amtsinhaber vom Thron stoßen möchte. „Es gibt keinen Menschen im Welt-Handball, der mehr getan hat für den deutschen Handball als Hassan Moustafa“, kritisierte Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin und ehemaliger DHB-Vizepräsident, schon vor einigen Monaten in einem Interview der „Stuttgarter Zeitung“ den DHB.
Michelmann ist sich der Verdienste des IHF-Präsidenten durchaus bewusst. „Wir wissen, was wir Hassan Moustafa zu verdanken haben. Mit der Wildcard für die WM 2015 und der Ausrichtung der WM 2019 – gemeinsam mit Dänemark – hat er uns aus dem Tal herausgeholt, in dem wir gesteckt hatten“, räumte der DHB-Boss ein. Bei der Wahl am Sonntag gehe es aber nicht um Dankbarkeit, sondern einen „neuen Schub für den Welt-Handball“.
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