Stolz steht es da. Und stolz sind die Dortmunder auf ihr Zuhause. Nicht nur, weil es in der Bundesliga seit 2016 nur 24 Niederlagen gab, dafür aber 110 Siege. Vielmehr trägt das Stadion das BVB-Gefühl, es symbolisiert die Emotionen eines ganzen Vereins, war Ort ganz großer Momente. Könnten die Wände sprechen, man würde ihnen tagelang zuhören.

Eines ist das Westfalenstadion, 1974 erbaut und in mehreren Etappen auf 81.365 Plätze ausgebaut, aber nicht: ein Goldesel. Offizielle Auswertungen der Uefa zeigen: Die Borussia nimmt pro Heimspiel 2,2 Millionen Euro ein – und damit 3,5 Millionen weniger als der ­FC Bayern. Hochgerechnet auf eine gesamte Saison – die Champions League lediglich bis Achtelfinale einberechnet – ergibt das eine Differenz von 77 Millionen Euro. Die jährlichen Kaderkosten eines ambitionierten Bundesligisten.

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Von den europäischen Top-Klubs ganz zu schweigen: Stadion-Primus Real Madrid nimmt pro Partie 7,4 Millionen Euro ein – 5,2 Millionen Euro mehr als der BVB. Hochgerechnet auf das Jahr: 114,4 Millionen Euro. 102 Euro zahlt der Fan durchschnittlich für ein Real-Heimspiel, fast viermal so viel als der Dortmunder Anhänger (27 Euro). Das sind Welten. Der Vergleich mit Paris St. Germain ist noch dramatischer. Pro Heimspiel gibt ein PSG-Fan durchschnittlich 137 Euro aus. Die teuerste reguläre Sitzplatzkarte bei der Borussia kostet 77 Euro.

Der BVB hat 18 Logen – selbst Erzrivale Schalke 04 kommt auf 81

Die problematische Zahl des BVB in dieser Hinsicht lautet: 18. Über diese Anzahl an Logen verfügt der heutige „Signal Iduna Park“. Was vor allem daran liegt, dass der Revier-Klub für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland keine neue, hochmoderne Arena baute. Der FC Bayern verfügt in der Allianz Arena über 106 Einzel-Logen, selbst Erzrivale Schalke kommt auf 81 Logen. Eintracht Frankfurt, mittlerweile zum Konkurrenten um die Champions-League-Plätze gereift, bietet seinen Fans 76 VIP-Räume an. Die teuerste Saisonkarte in einer Loge kostet dort 15.000 Euro, der BVB verlangt für die teuerste Karte 10.000 Euro – wovon es jedoch nicht viele gibt.

Stattdessen muss der Revier-Klub seinen in die Jahre gekommenen Schatz pflegen. Risse im Beton kitten, Wege ausbessern, Stahlträger erneuern. Pro Jahr verschlingt das Stadion bis zu fünf Millionen Euro an Sanierungskosten. Und wenn dann die Gewerbeaufsicht auch noch bemängelt, dass die Küchenanlage nicht mehr zeitgemäß sei und dadurch Kühlketten nicht eingehalten werden können, muss auch noch ein neuer „Kitchen-Tower“ für rund elf Millionen Euro angeschafft werden. So 2024 geschehen. Die nächsten anstehenden Kosten: die Modernisierung der sanitären Anlagen. Vor allem für die Frauen sind die Räumlichkeiten viel zu klein geworden.

Was also tun? Klar ist für die Bosse: An den Eintrittspreisen wird der Klub nicht viel verändern. „Unsere Preispolitik steht. Der BVB muss bezahlbar sein und bleiben. Alles andere passt nicht zu dieser Region und nicht zu unserem Verein“, sagt Carsten Cramer, Sprecher der Geschäftsführung. Der Standort ist tatsächlich ein Faktor: Während in Frankfurt auf 10.000 Einwohner 8,2 Einkommensmillionäre kommen, sind es in der Stadt Dortmund 2,3 Menschen.

Bleibt ein Stadionausbau. In den vergangenen Jahren gab es in der Chefetage Träumereien, die Kapazität auf 90.000 Fans zu erhöhen, indem der Klub die Westtribüne ausbaut.

  • Problem eins dabei: Die Fluchtflächen rund um das Stadion sind für eine solche Anzahl von Menschen nicht ausgelegt.
  • Problem zwei: Eine Aufstockung würde gleichzeitig bedeuten, dass die Tribüne auch nach hinten wachsen sowie tiefer im Boden verankert werden müsste. Aufgrund des Bergbaus im Ruhrgebiet wimmelt es in Städten wie Dortmund jedoch nur so von Hohlräumen im Erdreich – was Umbaumaßnahmen extrem erschweren würde.
  • Problem drei: die Kosten. Ein Ausbau würde – grobe Schätzungen der Verantwortlichen – rund 300 Millionen Euro kosten. Die Pläne wurden deshalb ins Reich der Fantasie verbannt.

Drei Maßnahmen lassen sich hingegen deutlich einfacher umsetzen – und wurden zumindest schon leicht angestoßen. So gibt es Überlegungen, für mehr Stehplätze im Stadion zu sorgen. Mit 24.457 Plätzen ist die Südtribüne („Gelbe Wand“) schon jetzt die größte Stehplatz-Tribüne Europas. Zudem gibt es auf der Gegenseite des Stadions, im Nordwest-Block, einen kleinen Block, in dem die Fans stehen.

Für beide Bereiche prüft der Verein, anliegende Sitzplätze in Stehplätze umzuwandeln. Um zum einen für eine noch eindrucksvollere Stimmung zu sorgen, zum anderen, um noch mehr Fans die Möglichkeit zu geben, eine Karte zu erhalten. Für das letzte Heimspiel dieses Jahres, am Freitagabend gegen Gladbach (19. Dezember, 20.30 Uhr, im Sport-Ticker der WELT), hätte der BVB rund 100.000 Tickets verkaufen können. Auch Zweitligist Schalke zieht ähnliche Umbauarbeiten in Erwägung, wie die „Sport Bild“ berichtete. Klar ist aber: Für (viel) mehr Einnahmen wird dieser Schritt nicht sorgen.

Das soll an den Tagen passieren, an denen kein Fußball in Dortmund gespielt wird. „Wir wollen und müssen das Stadion für unsere Fans noch attraktiver machen, damit sie auch außerhalb der Spieltage zu uns kommen. Unser Stadion hat noch unfassbar viel Potenzial“, sagt Cramer. Ein Anliegen besteht etwa darin, mehr Menschen für Stadionführungen zu begeistern. Am Rheinlanddamm ist bekannt, was zum Beispiel Real Madrid jährlich an „Sightseeing“ einnimmt: rund 45 Millionen Euro. Beim BVB sind es rund 1,5 Millionen Euro.

Die jüngste Neuerung des Dortmunder Stadions

Eine Maßnahme, die auch die Mannschaft erfreut zur Kenntnis nehmen wird: Die Kabine soll modernisiert werden und zu einem Hingucker werden. Zum anderen denken die Verantwortlichen über eine Art Begegnungsstätte rund um das Stadion nach, um mehr Menschen anzulocken.

Und: Die Borussia will das Stadion für Veranstaltungen anderer Sportarten häufiger zur Verfügung stellen. Die Partnerschaft des BVB mit dem NFL-Klub Pittsburgh Steelers legt etwa nahe, dass zukünftig auch Football-Spiele im „Signal Iduna Park“ ausgetragen werden könnten. Der Fokus liegt auf Sport-Großveranstaltungen. Allein, das Stadion zu öffnen, kostet rund 250.000 Euro: Ticketverkauf, Sicherheitspersonal, Energiekosten, Reinigung. Pro Groß-Event würde jedoch ein Betrag in Höhe von rund einer Million in den Klub-Kassen bleiben. Dass das Stadion zukünftig auch Austragungsort von Konzerten sein wird, ist hingegen ausgeschlossen. Der „Signal Iduna Park“ soll eine Sportstätte sein.

Die jüngste Neuerung ist für den Stadionbesucher nicht zu sehen, außer er reist mit einem Helikopter an. Fast das gesamte Dach wurde mit einer PV-Anlage ausgestattet. Kosten inklusive Energiespeicher: rund acht Millionen Euro. Einen Großteil davon übernahmen die Partner „RWE“ und „Ja Solar“. Durch die Anlage spart der BVB jährlich nun rund 500.000 Euro an Energiekosten ein.

Es ist ein kleiner Schritt hin zum unerreichbaren Ziel, Bayern, Real und Co. einzuholen. Und doch lieben die Dortmunder ihr Zuhause.

Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.

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