Das Fußballjahr 2025 neigt sich dem Ende zu. Doch Grischa Prömel steht der Sinn noch nicht nach Weihnachten oder Winterpause. „Jetzt, wo es so gut läuft, wollen wir nicht weniger machen, sondern mehr“, sagt der Mittelfeldspieler der TSG Hoffenheim. Das Ziel sei es, sich in der Spitzengruppe festzusetzen. Und ein entscheidender Schritt dorthin soll am Sonntag getätigt werden. Dann gastiert Hoffenheim bei Borussia Dortmund (17.30 Uhr, DAZN).

Was bis vor wenigen Wochen allenfalls als lästige Pflichtaufgabe für die Dortmunder eingestuft worden wäre, ist ein Duell auf Augenhöhe geworden – mit nicht unerheblicher Fallhöhe für den BVB, der nur noch zwei Punkte vor den Hoffenheimern liegt. Die Kraichgauer, in der vergangenen Saison vornehmlich im Abstiegskampf und mit nicht enden wollenden internen Querelen beschäftigt, könnten tatsächlich auf einem Champions-League-Platz überwintern.

„Ja, wir haben gerade einen Lauf. Aber der wurde uns nicht geschenkt, wir haben hart dafür gearbeitet“, erklärt Prömel. Was sich in dieser Spielzeit entwickelt hat, habe mit Zufall nichts zu tun. Vielmehr mit der Qualität der Mannschaft, mit einem klaren fußballerischen Konzept und mit Teamgeist. „Ich sehe es ja jeden Tag im Training. Die Jungs sind heiß und geben alles. Es macht einfach Spaß“, so Prömel.

Konzept? Teamgeist? Spaß? Für diese Werte stand die TSG, die mittlerweile ihre 18. Saison in der Bundesliga spielt, in den vergangenen Jahren weniger. Es krachte laut im Gebälk, was vor allem der eigenwilligen Konstruktion des Klubs geschuldet war, der ohne die Zuwendungen von Mäzen Dietmar Hopp kaum existieren könnte. Hopp, mittlerweile 85 Jahre alt, hatte zwar bereits vor zwei Jahren seine Stimmrechtsmehrheit an den Mutterverein zurückgeben – doch seinen Einfluss macht er nach wie vor geltend. Das gefällt nicht jedem.

Alexander Rosen war das erste Opfer

So kam es immer wieder zu allerlei Irrungen und Wirrungen. Erstes prominentes Opfer der schon lange schwelenden Spannungen wurde Alexander Rosen. Im Juli 2024 wurde der langjährige Sportchef gefeuert – auf Betreiben Hopps und – so vermuteten es dessen Kritiker in der organisierten Fanszene – aufgrund von Einflüsterungen des Spielerberaters Roger Wittmann.

Der ist ein enger Vertrauter und Ratgeber des Milliardärs. Es kam zu massiven Fanprotesten („Wittmann stoppen!“) und heftigen Auseinandersetzungen. Die gipfelten darin, dass die TSG Wittmann ein Stadionverbot erteilte. Vor Gericht erstritt der Berater vor zwei Monaten schließlich dessen Rücknahme.

Vor einem Monat wurden dann zwei Mitglieder der vierköpfigen Geschäftsführung freigestellt: Markus Schütz und Frank Biel. Dies hätte der eingetragene Verein mit seiner Stimmenmehrheit zwar verhindern können, doch der Vorstand beugte sich dem Willen von Hopp. Der unterstützt die TSG nach wie vor mit nicht unerheblichen Geldmitteln.

Dann drohte der Klub vollends im Chaos zu versinken. Andreas Schicker, Rosens Nachfolger, schien vor dem Absprung. Die Machtkämpfe hatten den Österreicher entnervt. Wolfsburg wollte Schicker, auch Salzburg hatte Interesse. Vor zwei Wochen kam es nach einem Gespräch mit Hopp und den Vertretern des Vereins doch noch zu einer Klärung: Beide Parteien einigten sich, mit Schicker und Marketinggeschäftsführer Tim Jost weiterzuarbeiten.

„Gibt es überhaupt noch eine Kommunikation?“

„Mir war wichtig, dass sie miteinander sprechen“, sagt Schicker und gewährt Einblicke, wie schwer das Arbeiten für ihn in den Monaten zuvor gewesen sei. „Wenn man dasitzt und nicht weiß, wie es weitergeht. Gibt es überhaupt noch eine Kommunikation zwischen den Gesellschaftern?“, so Schicker im Sport1-„Doppelpass“. Er hätte eine Perspektive gebraucht. Die sehe er mittlerweile wieder.

Es ist vor diesem Hintergrund fast schon ein kleines Wunder, wie gut sich die Mannschaft trotzdem entwickelt hat. Das 3:0 gegen Augsburg vom vergangenen Samstag war der bereits fünfte Sieg aus den vergangenen sechs Partien. Hoffenheim weist eine Reihe von beeindruckenden Werten auf. Das Team ist mit 1485 Kilometern pro Spiel das laufstärkste der Bundesliga. Auch bei Sprints (2215 km) liegt es vorn. Und es ist mit 14 Punkten gemeinsam mit dem BVB die auswärtsstärkste Mannschaft. „Das Team hat in den vergangenen Wochen brutal performt, obwohl die Phase sicher nicht einfach war“, so Schicker.

Der 39-Jährige hat, seit er im Oktober 2024 von Sturm Graz gekommen war, das Aufgebot personell umgekrempelt – und konnte dabei mehrere Treffer landen. Die Abwehrspieler Bernado, Albian Hajdari und Vladimir Coufal schafften es auf Anhieb in die Stammelf – genauso wie Mittelfeldspieler Wouter Burger und der schnelle Linksaußen Bazoumana Touré. Oder die Stürmer Tim Lemperle und Fisnik Asllani.

Trainer Christian Ilzer, der einen Monat nach Schicker aus Graz gekommen war, hat in dieser Spielzeit endlich die für seinen auf schnelles Umschalten und Pressing ausgerichteten Stil passenden Spieler. Und er hat Optionen. Das zeigt sich auch an der Torausbeute. Hoffenheim hing in den vergangenen Jahren oft am Tropf von Andrej Kramaric (34). Mittlerweile gibt es fünf Spieler, die mehr als einmal getroffen haben: Asllani (5), Prömel, Lemperle (4), Burger, Kramaric (je 3) und Toure (2). Vor allem Asllani, der im Sommer nach seiner Ausleihe aus Elversberg zurückgeholt worden war, soll das Interesse von Spitzenklubs geweckt haben – das der Bayern und der Dortmunder.

Der entscheidende Hoffenheimer Zugang der jüngeren Vergangenheit ist jedoch Ilzer. Und das, obwohl der Coach einen schweren Start hatte. Der Stilwechsel, den er verordnete, schien nicht zu den Spielern zu passen. Von „Chaosfußball“ war die Rede. Das ist vorbei. Und auch das Chaos im Verein soll vorbei sein. Zumindest haben sich die Hoffenheimer dies versprochen.

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