Es war ein Wettlauf gegen die Zeit. Nur die Italiener selbst und die kühnsten Optimisten hatten daran geglaubt, dass es tatsächlich klappt. Aber die Organisatoren der Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina haben geliefert – und zwar einen neuen, fertigen Eiskanal. 1445 Meter lang ist das Eislabyrinth im Eugenio Monti Sliding Centre und beinhaltet 16 Kurven. Am kommenden Wochenende starten die Bob- und Skeletonpiloten genau dort mit einem Weltcup in die Olympia-Saison.
Dabei hatte der fehlende Eiskanal lange Zeit Sorgen bereitet – sogar ein Ausweichen ins Ausland während der Spiele stand im Raum. Dann aber wurde in Cortina d’Ampezzo in weniger als einem Jahr der Neubau fertiggestellt. Im Februar noch sah die Baustelle nicht so aus, als würde der Kraftakt gelingen. „Wir können konstatieren, dass die italienischen Organisatoren ein kleines Wunder vollbracht haben, mit dem außer ihnen kaum jemand in der Form gerechnet hat“, sagt Olaf Tabor, Chef de Mission des Teams Deutschland, kürzlich.
„Die Tatsache, dass der Eiskanal in Cortina nicht nur steht, sondern all jenen, die ihn zu Testzwecken schon ausprobieren durften, ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat, ist großartig.“ Rodel-Weltmeisterin Julia Taubitz zum Beispiel sprach von „einem schönen Kurvenrhythmus“ und „einer sehr gefühlvollen Bahn. Du kannst den Schlitten richtig runter tanzen“.
Dass die fehlende Streckenkenntnis ein Nachteil sein könnte, sieht Zweierbob-Olympiasiegerin Laura Nolte nicht. Mit Blick auf die Spiele 2022 in Peking sagt sie: „Damals war es genauso, da haben wir auch erst im olympischen Winter die Bahn kennengelernt. Da hat es super funktioniert. Das gibt mir eigentlich ein gutes Gefühl.“ Und schließlich blieb in den vergangenen Trainingstagen schon mal viel Zeit, um die verzwickte Kurve vier zu testen. Denn trifft man die Einfahrt zu dieser Kurve nicht richtig, wird der Bob an der oberen Bande abgewiesen, und das Tempo sackt ab.
Kosten rund 100 Million Euro
Dass überhaupt die Kurve vier und die gesamte Bahn getestet werden konnte und nun als Weltcup-Schauplatz fungiert, ist der Beharrlichkeit der Italiener und dem schnellen Bau zu verdanken. Denn eigentlich war das Nein des IOC zum Neubau der Bahn eindeutig gewesen. Das Internationale Olympische Komitee wollte eine weitere Bauruine wie die italienische Bahn von 2006 in Cesana verhindern und bezweifelte zudem im Februar 2024 auch die rechtzeitige Fertigstellung.
Man forderte einen Plan B mit bereits vorhandenen Bahnen in Innsbruck/Igls, St. Moritz – und sogar im 6000 Kilometer entfernten Lake Placid im US-Bundesstaat New York. Für die italienischen Olympia-Gastgeber aber war das keine Option. Nicht einmal darüber nachdenken wollte man offiziell.
Italiens Regierung sprach ein Machtwort, und die neue Olympia-Bahn wurde vom Bauunternehmen Pizzarotti errichtet. Und zwar in Rekordzeit. Die Kosten allerdings sind immens. Sie stiegen sogar von den geplanten 81,6 Millionen auf rund 100 Millionen Euro an.
Freude in Cortina – Frust am Königssee und in Innsbruck
Weniger gute Bau-Nachrichten gibt es von der Kunsteisbahn am Königssee. Eine Geröll-Lawine bei einem Unwetter hatte im Juli 2021 große Schäden verursacht und umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich gemacht. Die Wiedereröffnung, das steht bereits seit dem Sommer fest, verzögert sich. Die dort für diesen Winter geplanten Skeleton-Junioren-Weltmeisterschaften und das Bob- und Skeleton-Weltcupfinale mussten an andere Orte verlegt werden.
„Es ist bitter, der fünfte Winter ohne Eis“, sagt Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD). Er hadert vor allem mit den bürokratischen Vorgaben beim Wiederaufbau.
Frust herrscht auch in Innsbruck. Nach 20 Monaten Bauzeit – für 30 Millionen Euro wurde der untere Teil neu gebaut – hat die Bahn in Iglis vom Rodel-Weltverband keine Genehmigung erhalten. Technische Mängel in Kurve 13 und 14 gefährden die Sicherheit der Sportler, heißt es. Trotz intensiver Nacharbeiten in den vergangenen Tagen wurden die Anforderungen nicht vollständig erfüllt. Der für das erste Dezember-Wochenende geplante Rodel-Weltcup wurde abgesagt und an Winterberg vergeben. Anders als für die Rodler haben die kürzlich getätigten Anpassungen für die Bob- und Skeleton-Piloten zu einer Freigabe geführt – sie dürfen ihren Weltcup dort Ende November austragen.
„Wir verlieren ausgerechnet in einer Olympia-Saison den Heim-Weltcup und unsere wichtigste Trainingsstätte. Für uns ist das ein klarer Wettbewerbsnachteil“, sagt Österreichs Rodel-Cheftrainer Christian Eigentler. Und Präsident Markus Prock sagt frustriert: „Der Eiskanal wurde modifiziert, um den Weltcupstatus für Bob und Skeleton zu sichern und ist jetzt für die Rodler nicht befahrbar. Da fehlt völlig das Verständnis, zumal sehr viel Geld im Spiel ist.“
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