Es gehört zu den Olympischen Spielen wie die fünf Ringe: das Deutsche Haus. Die Heimat der Athleten ist bekannt für große Partys. Doch das Deutsche Haus ist so viel mehr. Allerdings nicht alles was dort passiert, dringt in die Öffentlichkeit.

Einen Namen nennt Claudia Wagner nicht. Denn vieles, was im Deutschen Haus passiert, das soll auch dort bleiben. So auch das Geheimnis, welcher deutsche Eishockey-Star sich nach dem sensationellen Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang an den Kronleuchter hing. Nur so viel: Der wilde Aus-"Flug" endete ohne größeren Schaden. Aber mit einer rauschenden Party. Mit US-Skilegende Lindsey Vonn im Schlepptau, die sich auf dem Hinweg mit den Cracks angefreundet hatte.

Es war eine Zeit, als noch niemand an eine Pandemie dachte. Es war unbeschwert, es war wild. Es war typisch Deutsches Haus. Dann kam Corona und legte einen Schatten auf die Spiele in Japan und China. Erst im Sommer 2024, in Paris, kehrte das Leichte zurück. Zumindest auf das verdrängte pandemische Geschehen bezogen. Die Olympischen Spiele meldeten sich in der französischen Hauptstadt mit großen Gefühlen in der Welt wieder an. Es waren zwei Wochen für das Herz. Deutschland holte 33 Medaillen, feierte große Momente und fühlte bei Enttäuschungen mit. Und die Herzkammer des nationalen Olympia-Lebens war das Deutsche Haus.

Hier sang unter anderem Clueso. Er sang "Für immer jetzt". Er sang, als der Magdeburger Lukas Märtens durch das Becken schwamm. Als er zu fliegen begann und mit jedem Armzug und Beinschlag stärker nach Gold griff. Die Gäste im Deutschen Haus wendeten sich trotz Cluesos Vortrag zum Bildschirm. Denn dort war das Jetzt. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis der Sänger begriff, was da passierte, ehe er abbrach und selbst mitfieberte. "Das sind so Momente, die ich nie vergessen werde", sagt Claudia Wagner im Gespräch mit ntv.de.

Noch 100 Tage bis Olympia

Als Geschäftsführerin der Deutschen Sport Marketing ist Wagner hauptverantwortlich für das Deutsche Haus, das in 100 Tagen eröffnet. Dann nämlich, wenn die Winterspiele in Italien offiziell beginnen. Die emotionale Heimat von Team D – sowie auch des Team D Paralympics – wird dann in Cortina d'Ampezzo liegen, im Golf-Club des legendären Wintersport-Orts. Finanziert wird das Haus ausschließlich über von Wirtschaftspartnern. Über Verträge oder den Verkauf von Aktivierungsflächen- oder Formaten.

Die Auswahl war dieses Mal noch schwieriger als in Paris. Denn in Italien gibt es vier sogenannte Cluster, also vier Destinationen, an denen die Wettbewerbe stattfinden. Die Wahl fiel auf Cortina, weil hier eben die meisten deutschen Sportler und Sportlerinnen sind. "Obwohl wir uns für einen Ort für die Location entscheiden mussten, werden wir versuchen, das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Team D-Familie zu stärken, Besuche im Deutschen Haus aus den anderen Wettkampforten möglich zu machen und die Cluster ansonsten bestmöglich digital miteinander zu verbinden", sagt Wagner. Alles in allem liefert der Golf-Club das perfekte Paket, das aber nicht nur auf Party ausgerichtet ist. Auch wenn das ja der eigentliche Mythos ist.

Nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit, sondern auch in der olympischen Gemeinschaft. "Jede Nation will mit ihrem Haus der Place to be sein", sagt Wagner. Es gibt einen unausgesprochenen Wettbewerb um den besten Ruf. Und Deutschland schneidet dabei immer gut ab. "Wir spielen in der Haus-Liga schon weit oben mit und natürlich wollen wir den Ruf verteidigen."

Größter "Haus-Rivale" im Winter ist Österreich. Aber nur zu den Olympischen Spielen und selbstverständlich in freundschaftlicher Verbundenheit. Zu den Paralympics machen beide Nationen gemeinsame Sache – dann ist der Treffpunkt des Team Austria sogar unter dem Dach des Deutschen Hauses eingerichtet. "Dennoch kann ich mir die Freude nicht verkneifen, wenn österreichische Athletinnen und Athleten fragen, ob sie auch mal bei uns vorbeikommen dürfen." Spontane Besuche gibt's dabei fast immer, auch von großen Namen: Boris Becker, Steffi Graf, Jürgen Klopp, sie alle waren da, feierten mit.

"Wir schaffen hier eine unglaubliche Energie"

Das Deutsche Haus ist Heimat. Das "Wohnzimmer" für das Team. Ein Ort zum Wohlfühlen. Ein Ort, an dem Großes entstehen kann. Ein Spirit, der die Athletinnen und Athleten, die Teams beflügeln kann und soll. Hier ist der Hotspot der Gemeinschaft. "Wir schaffen hier eine unglaubliche Energie", sagt Wagner. Hier ist jeder gleich, ob Bundespräsident oder die Familien der Athlet*innen. "Wir sind Fans, leben und leiden mit." Im Haus werden nämlich auch Sportler aufgefangen, die hinter den Erwartungen geblieben sind. Auch das Drama ist immer schon Teil des olympischen und paralympischen Lebens gewesen. Allzu viel soll es davon im Februar aber nicht geben und wenn, dann nur mit positivem Ausgang. So wünschen sich das Wagner und ihr Organisationsteam. Aber so gut sonst alles vorbereitet ist: In dieser Hinsicht ist nichts planbar. Weder der Triumph, noch die Tränen.

Wie schon in Paris, nur etwas kleiner, wird es erneut einen Performance-Hub, ein Trainingszentrum also, geben. "Jeder soll zu jederzeit hier in Ruhe trainieren können", sagt Wagner. Niemand soll sich in der Vorbereitung darum kümmern müssen, die internationalen Zeitslots in den Räumlichkeiten des Olympischen Dorfes zu buchen. Der Wunsch kam auch von den Athletinnen und Athleten, die Umsetzung übernahmen Wagner und ihr Team. Alles soll bestmöglich für den Erfolg ausgerichtet sein. Fester Bestandteil des Hauses ist nach der erfolgreichen Premiere in Paris erneut auch eine Fan Zone als Anlaufstelle für nationale und internationale Fans. 500 Gäste können dort täglich kostenlos die Wettbewerbe auf Leinwand miterleben.

Teams haben das größte Eskalationspotenzial

Das Deutsche Haus selbst wird offiziell bis 3 Uhr nachts geöffnet sein. In Paris hielt man sich aufgrund der Zentralität der Location in der Stadt streng an die zeitlichen Vorgaben der örtlichen Behörden. In Pyeongchang nicht, da war man mit dem Golfclub aber auch eher außerhalb gelegen. In Cortina wünscht sich Wagner, dass es häufig länger geht. "Das wäre ein gutes Zeichen, dass wir viel zu feiern haben", sagt sie. Es kam sogar schon vor, dass Sportler*innen im Haus übernachtet haben, obwohl das nicht unbedingt vorgesehen war. Eine Zahnbürste und ein Kamm liegen aber bereit, um Unausgeschlafene für eine TV-Schalte am nächsten Tag sendefähig zu machen.

Besonderes Eskalationspotenzial (im besten Sinne) bringen die Mannschaften mit. Sowohl im Sommer als auch im Winter. Wie der schwingende Crack des Eishockeyteams. Oder wie ebenfalls in Pyeongchang die Skispringer. Die hatten nach dem Silber-Erfolg in der knackig kalten Nacht die goldenen Norweger dabei. Karl Geiger, Stephan Leyhe, Andreas Wellinger und Richard Freitag übernahmen die Theke, zapften Bier. Das trieb den norwegischen Cheftrainer Alexander Stöckl zu einer Gesangseinlage auf der Bühne. Während die folgende Party von Spontan-DJane Lindsey Vonn orchestriert wurde. Dem amerikanischen Ski-Star gefiel die Musik nicht, also schloss sie ihr Smartphone an und übernahm das Kommando. Nichts ist planbar, aber alles möglich im Mythos-Ort Deutsches Haus. Und vieles, was hier passiert, soll auch hier bleiben.

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