Dieses Duo steht für die Hertha-Zukunft. Kapitän Fabian Reese (27) und U21-Nationalspieler Linus Gechter (21) sind für Trainer Stefan Leitl unersetzbar. Nach schlimmen Verletzungen im Sommer 2024 ackerten beide monatelang in der Reha. Hier entstand eine Freundschaft, und ein Geheimpakt wurde geschlossen, von dem auch Hertha profitiert.

Frage: Herr Reese, Herr Gechter, Sie haben bis 2030 beziehungsweise 2027 bei Hertha verlängert. Warum haben Sie so langfristig unterschrieben, obwohl der Klub seit Jahren in der 2. Liga festhängt?

Fabian Reese: Berlin hat mein Leben in vielerlei Hinsicht verändert. Die vergangenen zwei Jahre waren unglaublich lehrreich und sehr, sehr schön. Aber in erster Linie bin ich ein sehr ambitionierter Sportler und möchte seit Tag eins mit Hertha in die Bundesliga. Das ist und bleibt mein klares Ziel.

Linus Gechter: Hertha ist mein Verein. Ich bin Berliner Junge, habe hier alle Jugendteams durchlaufen, durfte mein Bundesliga-Debüt mit 17 Jahren geben und wollte dem Verein auch meine Dankbarkeit zeigen. Es war die richtige Entscheidung, zu bleiben und im Olympiastadion vor 50.000 bis 60.000 Leuten zu spielen. Das gibt es sonst nur bei Top-Vereinen in der Bundesliga. Hier habe ich perfekte Möglichkeiten, um mich zu entwickeln.

Frage: Herr Reese, Sie hatten diverse Angebote. Gab es mal Wechselgedanken?

Reese: Es wäre gelogen, wenn ich das verneinen würde. Es gab einige Anfragen, es gab auch Überlegungen. Das ist ein normaler Ablauf in diesem Geschäft, dass man bei guten Leistungen schaut, wie man seinem Traum näherkommen kann. Dennoch hat immer das Ziel, das wir mit Hertha verfolgen – gegenüber lukrativeren und vielleicht sportlich attraktiveren Anfragen – überwogen. Dieser große Traum, diese Erfüllung in Berlin zu finden und mit Hertha in der Bundesliga zu spielen, hat mich dazu bewogen, hier langfristig zu verlängern. Auch als Commitment, dass ich es ernst meine. Aus der Dankbarkeit für all das, was ich in den letzten zwei Jahren erleben durfte. Es passt einfach. Bei der Verkündung im Stadion hatte ich Gänsehaut.

Frage: Jetzt ist Reese neuer Hertha-Kapitän. Wie macht er das, Herr Gechter?

Gechter: Fabi ist unser Leader. Einer der besten Spieler der 2. Liga und ein Publikumsliebling in Berlin, der in die Fußstapfen von Hertha-Legenden treten könnte. Ich glaube, dass er auch deswegen geblieben ist. Trotzdem lässt er das nie raushängen. Er ist eine Person, zu der wir hochblicken, von der wir uns alle täglich etwas abschauen können. Ich genieße es jeden Tag, mit ihm zu arbeiten.

Frage: Vergangene Saison waren Herthas Erfolge von Ihren Toren abhängig, Herr Reese. Jetzt tragen Sie mit der Binde noch mehr Verantwortung. Wie schwer ist diese Bürde?

Reese: Für mich ist das eine Persönlichkeitsentwicklung, Kapitän von so einem großen Verein zu sein. Und eine große Ehre. Mit der Binde sind die Verantwortung und der Aufgabenbereich noch mal gestiegen. Ich bin Anlaufstelle in guten wie in schlechten Momenten. Ich hatte zum Start auch mit meiner eigenen Performance zu tun. Das war eine neue Herausforderung. Das Kapitänsamt kostet auch Kraft, lässt einen persönlich aber sehr reifen. Ich bin sehr dankbar, diese Erfahrung sammeln zu dürfen. Ich möchte vorangehen.

Frage: Auch Sie, Herr Gechter, haben eine neue Hertha-Rolle, wurden kürzlich vom Innenverteidiger zum Rechtsverteidiger umpositioniert. Wie gefällt Ihnen das?

Gechter: Ich mag es, wenn ich den Ball habe und Einfluss auf das Spiel nach vorn nehmen kann, wie zum Beispiel mit einer Flanke oder dem Pass vor der Torvorlage. Ich bin offen für alle Positionen.

Frage: Wie macht sich Linus in der neuen Rolle?

Reese: Linus und mich verbindet jetzt schon etwas länger eine gemeinsame Reise, weil wir gemeinsam zur gleichen Zeit verletzt waren und sehr eng zusammengerückt sind, viele gemeinsame Stunden im Kraftraum verbracht haben. Wir sind jetzt auch privat sehr eng. Er ist wie mein kleiner Bruder. Er ist ein Top-Athlet, ein junger Spieler, der bereit ist, Ratschläge anzunehmen, der sich jeden Tag verbessern möchte, sich auf den Weg nach oben gemacht hat. Er hat alles, um ein Top-Verteidiger zu werden. Nicht nur wegen des Talents, sondern wegen der Arbeitsmoral und der Extraschichten.

Gechter: Es gab einen Tag in der Reha, da haben wir uns angeguckt, haben uns gefragt: „Wollen wir jetzt zusammen durchziehen?“ Wir haben uns die Hand gegeben und dann gemeinsam losgelegt. Fabi ist einer der wenigen, der so ein Feuer in mir entfachen kann. Das schafft sonst nur mein Berater (lacht).

Frage: Sie haben also einen Pakt geschlossen?

Reese: Absolut. Und der dauert bis heute an! Linus ist mein Sparringspartner. Er ist der Mitspieler im Team, der mich jeden Tag neu herausfordert. Das liegt an seiner Gier, besser zu werden. Wir beide wollen in allen Belangen versuchen, als Trainingspartner besser zu werden. Wir gönnen uns nichts im Training, sind uns die härtesten Gegenspieler. Wenn einer mal müde ist, was menschlich ist, dann pusht man sich gegenseitig – bis man am Limit ist. Das ist eine tägliche Challenge. Und bringt uns bis jetzt Stück für Stück auf unserer Reise voran.

Frage: Wo soll denn die Reise neben dem Hertha-Aufstieg hingehen?

Reese: Ich sehe eine große Zukunft für Linus. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diesen jungen Mann mal in der Champions League sehen werden, wenn er sich nicht selbst im Weg steht. Ich bin großer Fan von Linus als Spielertyp. Ein beinharter Verteidiger, immer an der Grenze, aber meist ohne Foul. Stark am Ball und in der Luft. Linus hat in meinen Augen das Zeug, Nationalspieler zu werden.

Frage: Treten Sie ihm also so lange in den Hintern, bis er Nationalspieler ist?

Reese: Auf jeden Fall, darauf kann er sich verlassen!

Frage: Was sagen Sie denn dazu, Herr Gechter?

Gechter: Ich habe auf jeden Fall das Ziel, deutscher Nationalspieler zu werden und für Deutschland zu spielen. Das ist für mich ein großer Ansporn gewesen, nach dem letzten Rückschlag wieder aufzustehen und weiterzumachen. Verletzungen können manchmal auch eine Hilfe sein. Es hat bei mir Klick gemacht, ich habe vieles umgestellt. Ich weiß, es geht nur mit harter Arbeit, mit Extraschichten. Gesund essen, früh schlafen gehen. Ich schaue mir viel von Fabi ab, der immer auf dem neuesten Stand ist: Sauerstoffkammer, Eistonne, Übungen mit einer modernen App (Cuju; d. Red.). Nach dieser Verletzung bin ich auch mental stärker denn je.

Frage: Felix Magath sagte 2024, dass er als Bundestrainer Fabian Reese sofort zur Nationalelf eingeladen hätte. Der aktuelle Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte im Juli 2025 beim Trainer-Kongress in Leipzig: „Reese hat was Besonderes. Ich mache vor keiner Liga halt.“ Träumen Sie auch von der A-Elf, Herr Reese?

Reese: Zweitligaspieler sind in der Vergangenheit kaum bis gar nicht eingeladen worden. Das ist mir bewusst. Der Traum, den fast jeder kleine Junge hat, das Nationalmannschafts-Trikot mal zu tragen, ist natürlich da. Aber ich konzentriere mich da wenig auf diese Aussage, die vielleicht in irgendeinem Zusammenhang genannt worden ist. Ich bin fokussiert auf die Ziele, die ich jetzt in der nahen Zukunft mit Hertha habe, möchte da maximale Leistungen zeigen. So kann man Argumente sammeln, damit solche Gedankengänge überhaupt gehegt werden könnten.

Frage: Apropos Trainer: Wie groß ist Ihr Glaube, dass Hertha in der Ära unter Trainer Stefan Leitl in die Bundesliga aufsteigt?

Reese: Wenn ich sagen würde, wir glauben da nicht dran, würde das nicht unseren Ambitionen gerecht. Aber wir sollten jetzt nicht über Dinge reden, die noch ein Dreivierteljahr entfernt sind. Ich bin sehr dankbar, unter Stefan spielen zu dürfen. Er ist ein sehr, sehr guter Trainer, den ich sportlich und privat sehr schätze.

Gechter: Ein Top-Trainer, der es schafft, einerseits streng, aber trotzdem dein Freund zu sein, mit dem man immer reden kann.

Frage: Zum Beispiel über Ihre neue Vaterrolle in jungen Jahren?

Gechter: Ja, genau. Mein Sohn ist jetzt fünf Monate alt. Ich rede oft mit Stefan Leitl darüber. Er gibt mir Ratschläge, ist ja selbst auch Vater. Dafür bin ich sehr dankbar. Meine kleine Familie ist mein Leben. Ich bin Familienmensch. Ich will später eine große Familie haben. Ich habe schon immer gesagt: Wenn ich meine Frau (Ayleen, d. Red.) gefunden habe, dann möchte ich auch eine Familie gründen.

Frage: Auch eine Art Persönlichkeitsentwicklung.

Gechter: Ich mag es, diese Verantwortung zu tragen. Das macht Spaß. Ich merke, dass ich daran wachse. Ich bin sehr dankbar für die Geburt meines Sohnes.

Frage: Wann folgt im Hause Reese nach der Verlobung die Hochzeit?

Reese: Wir haben gesagt, wir sind eigentlich ganz glücklich, ein bisschen länger verlobt zu sein, aber ganz klares Ziel ist es natürlich, sich irgendwann das Ja-Wort zu geben. Ich bin sehr dankbar für meine Beziehung. Sie (Johanna Grünewald, d. Red.) ist mein Anker, die Stütze in meinem Leben. Ohne sie hätte ich den Weg in Berlin nicht gehen können.

Frage: Herr Gechter, Sie haben mit Hertha-Profi Marten Winkler das Unternehmen Karouge gegründet und das Parfüm „Red Desert“ auf den Markt gebracht. Ihr zweites Standbein?

Gechter: Ich würde eher sagen, meine zweite Leidenschaft. Wir beide mögen Parfüms, wollten etwas Eigenes entwickeln. Wir haben ein Jahr lang Tausende Proben hin- und hergeschickt bis zum perfekten Resultat.

Frage: Welcher Profi trägt es?

Reese: Ich trage es, weil es einfach gut riecht.

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Sport Bild“ veröffentlicht.

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