Als Pascal Groß am vergangenen Samstag den Kabinentrakt des Dortmunder Stadions verließ, lag der Abpfiff des Spiels gegen RB Leipzig (1:1) schon eine knappe Stunde zurück. Es war nicht mehr so viel los in der sogenannten Mixed Zone, wo sich Spieler und Journalisten treffen, um über das Spiel zu reden und Interviews zu führen. Diesmal hatten sich die Berichterstatter vor allem um Nico Schlotterbeck gedrängt – um mit ihm über sein bevorstehendes Comeback in der Nationalmannschaft zu reden. Groß stand weniger im Blickpunkt.

Denn der Mittelfeldroutinier gehört nicht zu den insgesamt 15 Dortmundern, die in diesen Tagen bei verschiedensten Auswahlmannschaften beschäftigt sind. Das ist eine große Zahl, auf die sie beim BVB stolz sind. Belegt sie doch, wie gut es derzeit für den Tabellenzweiten der Bundesliga, der 2025/26 noch ungeschlagen ist, läuft. Vor allem im Kader der deutschen Nationalelf für die WM-Qualifikationsspiele gegen Luxemburg und in Nordirland gibt es mit Karim Adeyemi, Waldemar Anton, Maximilian Beier, Felix Nmecha und Schlotterbeck einen massiven BVB-Block.

Groß, der gegen Leipzig für die letzten neun Minuten eingewechselt wurde, wusste schon länger, dass er nicht dabei sein wird. Julian Nagelsmann hatte ihn vorab telefonisch informiert. Das hatte ihn getroffen – allerdings nicht unvorbereitet. Denn der geborene Mannheimer, der im Sommer 2024 von Brighton & Howe Albion nach Dortmund gekommen war, hat beim BVB seinen Stammplatz verloren. Und der Bundestrainer deutlich gemacht, dass er wegen der Dringlichkeit, punkten zu müssen, mehr auf die Form und weniger auf Reputation setzen wird.

Nur 244 Minuten in neun Spielen

Groß ist tatsächlich sogar in guter Verfassung – nur spielt er zu wenig. Er war in der vergangenen Saison ein wichtiger Faktor im zentralen Mittelfeld der Dortmunder, doch seit Beginn der neuen Spielzeit setzt Trainer Nico Kovac meist auf andere Profis. In den neun Pflichtspielen kam Groß nur auf 244 Spielminuten. Lediglich dreimal stand er in der Startelf – zuletzt beim 2:0 in Heidenheim am 13. September. Danach war er nur noch eine Einwechseloption, allerdings nicht mal die erste. Die Hierarchien haben sich verschoben.

„Pascal fehlt gar nichts, aber ich habe es ja gesagt: Das Leistungsniveau ist ziemlich hoch. Und da wir im Moment sehr erfolgreich sind, ist es auch immer schwierig für den einen oder anderen. Am schwierigsten ist es natürlich für mich, die Entscheidung zu treffen, aber auch für die Spieler, die dann nicht dabei sind“, sagte Kovac. Gerade im Bereich vor der Abwehr gibt es ein Überangebot: Der Coach kann aus fünf Spielern auswählen, um die von ihm bevorzugte Doppelsechs zu bilden.

Da ist Marcel Sabitzer, der wegen seiner strategischen Fähigkeiten meist gesetzt ist. An Nmecha schätzt Kovac, dass er das Spiel nach Balleroberungen schnell machen kann. Und dann gibt noch Jobe Bellingham, dessen Leistungen zwar bisher wenig überzeugend sind, für den die Dortmunder aber über 30 Millionen Euro bezahlt haben. Der 19-Jährige muss sich akklimatisieren, dafür braucht er Spielpraxis. So bleiben für Groß, der ein Spiel beruhigen und mit Seitenverlagerungen verändern kann, und Salih Öczan, der derzeit ganz außen vor ist, nur wenig Gelegenheiten, sich zu beweisen. Und solange sich niemand verletzt, dürfte sich daran auch kaum etwas ändern.

Vertrag von Groß läuft am Saisonende aus

Groß ist professionell genug, dies ohne Murren zu akzeptieren. Er bringt sogar ein gewisses Verständnis auf. „Wir können nur mit Konkurrenzkampf große Ziele erreichen, wenn wir auch stark von der Bank sind“, sagte er. Natürlich würde er gerne mehr spielen, doch gehe er unverändert davon aus, dass sich seine Perspektive auf Sicht wieder bessern wird.

Das Problem ist nur: Er wird schon bald eine Entscheidung über seine Zukunft treffen müssen. Sein Vertrag läuft zum Saisonende aus. Vor allem aber: Weil es eine WM-Saison ist, läuft ihm die Zeit davon. Wer – vorausgesetzt, die Qualifikation ist erfolgreich – doch noch zum WM-Aufgebot gehören will, sollte in seinem Klub möglichst schnell wieder zum Stamm zählen. Für Groß kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Das Turnier in den USA, Mexiko und Kanada dürfte sein letztes werden. Am 15. Juni, vier Tage nach Beginn der WM, wird er 35.

Groß kennt das Gefühl, spät dran zu sein. Als er, der nach wie vor zu den passsichersten deutschen Mittelfeldspielern gehört, am 9. September 2023 bei der 1:4-Niederlage gegen Japan sein erstes Länderspiel absolvierte, zählte er bereits zu den ältesten Debütanten in der Geschichte der DFB-Elf. Doch es war gerade noch rechtzeitig, um sich für das Aufgebot bei der EM im vergangenen Jahr zu empfehlen.

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