Wenn Tadej Pogačar bei einem großen Radrennen an den Start geht, dann will er gewinnen. Vor knapp einer Woche holt er sich in Ruanda den WM-Titel im Straßenrennen, nun folgt der Triumph bei der EM. Und wieder rast er allen frühzeitig davon.

Wie sich die Bilder gleichen. Vor einer Woche fährt Tadej Pogačar in Kigali scheinbar mühelos über den Zielstrich und krönt sich zum Weltmeister im Straßenrennen. An diesem Sonntag kommt er scheinbar wieder mühelos als Erster ins Ziel. In Frankreich holt er sich den EM-Titel. 66 Kilometer war er bei ersten Rad-WM in Afrika als Solist unterwegs gewesen, 75 Kilometer waren es dann an diesem Sonntag. Pogacar ist ein Monster, gefräßig, unaufhaltsam. Und bescheiden. Es sei schwierig gewesen, sagte er nach dem EM-Triumph. Es sah nicht danach aus.

Und auch die Bilder hinter dem Slowenen glichen sich in der Ardèche. Geschlagen kam der belgische Topfahrer Remco Evenepoel ins Ziel. Er schüttelte auf den letzten Metern den Kopf. Er war fassungslos angesichts der wieder einmal erlebten Dominanz seines großen Rivalen. Aber anders als in Kigali, als Evenepoel erst wütend und danach traurig war, lächelte er dieses Mal schnell. Er erkannte an, dass der erste irdische Fahrer der Welt ist. Dass er nur bei einem Außerirdischen nicht mithalten kann. Zu diesem ist Pogacar längst geworden.

"Er ist ein Phänomen"

Der 26-Jährige erreichte nach 202,5 Kilometern mit vielen giftigen Anstiegen ungefährdet die Gemeinde Guilherand-Granges an der Rhone und schnappte sich erstmals das Sternenbanner-Trikot des kontinentalen Champions. "Er ist ein Phänomen. Er betreibt praktisch eine andere Sportart", sagte Belgiens Nationaltrainer Serge Pauwels über Pogacar gegenüber "VTM": "Wenn man ihn aus der Gleichung herausnimmt, könnte man fast dasselbe über Evenepoel sagen. Er liegt auch drei Minuten vor dem Rest, was ebenfalls beispiellos ist. Evenepoel ist im Moment sehr, sehr gut - aber Pogacar ist noch eine Stufe über ihm."

Die Vorfreude auf das Duell war groß, zumal mit Jonas Vingegaard auch noch der dritte Superstar der Szene am Start war. Aber der Däne ist ein Rundfahrer, einer für die Grand Tours. Niemand für die Eintagesklassiker. Und der EM-Kurs war eher so angelegt, trotz vieler giftiger, kleiner Anstiege. Und so spielte er dann auch überhaupt keine Rolle im Kampf um den Titel. Er wurde schon 109 Kilometer vor dem Ziel abgehängt.

"Was hätten wir anders machen sollen?"

Kaum war Vingegaard abgehängt, schlugen Belgien und Evenepoel ein höllisches Tempo an. Der künftige Star des Red-Bull-Teams wollte Revanche nehmen für das WM-Rennen vor einer Woche. Doch am Côte de Saint-Romain-de-Lerps, einem sieben Kilometer langen Anstieg mit durchschnittlich 7,2 Prozent Steigung, offenbarten sich wieder die Schwächen des WM-Zweiten am Berg. Dem Antritt von Pogacar konnte er nur kurz folgen, dann nahm er raus. Er wollte nicht blau werden, erkannte, dass es abermals nur um Silber gehen würde. Die Belgier hatten alles auf eine Karte gesetzt. Ein Fehler? "Was hätten wir anders machen sollen? Wenn mir jemand sagen kann, wie Tadej heute zu schlagen gewesen wäre, höre ich mir das gern an", sagte ein verzweifelter Louis Vervaeke.

Evenepoel setzt ein dickes Ausrufezeichen

Pogacar erkannte die Situation und ging selbst in die Offensive. "In der dritten Runde habe ich gesehen, dass es vier Belgier waren – und ich war allein." Was also tun? Angreifen, ausreißen, gewinnen. "Es war besser, selbst anzugreifen, als zu viele Gegner um sich herumzuhaben", sagte Pogacar. Evenepoel gab schnell auf, fand sich in einer Vierergruppe ein, mit Cristian Scaroni (Italien), Juan Ayuso (Spanien) und Paul Seixas (Frankreich). 38 Kilometer vor dem Ziel zog der Belgier schließlich an und unnachahmlich davon. Bronze ging an Seixas. Unfassbare drei Minuten Vorsprung fuhr er auf seine ehemaligen Begleiter noch heraus.

Aber alle staunen wieder über Pogacar. Der feierte seinen 18. Saisonsieg. Neben dem WM-Titel hatte er unter anderem vier Etappenerfolge und seinen vierten Gesamtsieg bei der Tour geholt sowie die Klassiker Flandern-Rundfahrt, Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen. Und ein letztes Highlight wartet in diesem Jahr noch. In der nächsten Woche steht mit der Lombardei-Rundfahrt das letzte sogenannte Monument in diesem Jahr auf dem Programm - ein Rennen, das Pogacar in den vergangenen vier Jahren dominierte.

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