Es ist neuerdings nicht mehr eine Frage der Zeit, bis der FC Bayern ein Tor schießt. Sie fallen einfach direkt mit dem Anpfiff. Im Nachgang des Spiels bei Eintracht Frankfurt zeigt sich der Gegner erschüttert. Wer soll mit diesen Bayern mithalten? Und was muss dafür passieren?
Das Spitzenspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München dauerte genau 15 Sekunden. Ein Anstoß, ein langer Ball von Torhüter Manuel Neuer, eine Verlängerung von Harry Kane, ein konfuser Befreiungsschlag von DFB-Verteidiger Robin Koch, ein Querpass in die Mitte von Serge Gnabry und eine Berührung von Luis Diaz. Damit war es vorbei.
Das 3:0 (2:0) des FC Bayern war in der Folge nur einmal kurz gefährdet, doch Jean-Mattéo Bahoyas sehenswerter Ausgleich zählte nicht. Ritsu Doan hatte den Ball im Vorfeld mit der Hand kontrolliert. "Auf dem Level von Bayern München hat bislang noch überhaupt keiner mithalten können", sagte Frankfurts Trainer Dino Toppmöller nach dem Spiel. Das stimmte.
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Frankfurt-Sportvorstand Markus Krösche sekundierte: "Gegen die Bayern brauchst du immer eine gute Spielgeschichte. Wenn man sich die erste Halbzeit anschaut, war das bei uns heute sicher keine. Gerade in der Form, in der sie momentan sind, sind die Bayern schon eine Klasse für sich. Dafür brauchst du einerseits eine Topform, die wir heute nicht hatten." Auch das stimmte.
Nicht so gute Nachrichten für die Liga
Die Mannschaft von Vincent Kompany spielt bislang die perfekte Saison. Sie gewinnt ihre Spiele in einer selbst in der Bayern-dominierten Bundesliga seit Jahren nicht mehr gesehenen Dominanz. Kompanys Bayern übertreffen die Flick-Bayern, die Guardiola-Bayern, die Hitzfeld-Bayern. Noch. In München kann sich, auch das gehört zur Wahrheit, immer alles ändern. Nicht jetzt im Oktober, aber dann in der entscheidenden Phase der Saison im März oder April.
Der FC Bayern eilt von Bestmarke zu Bestmarke. Zehn Pflichtspielsiege zum Saisonauftakt, 25 Tore nach sechs Bundesliga-Spielen, elf davon allein von Harry Kane. Der FC Bayern hat in diesem Kalenderjahr noch überhaupt kein Auswärtsspiel in der Bundesliga verloren. Die Meisterschaft scheint bereits Anfang Oktober entschieden. Die Bayern, schreibt der "Spiegel", sind "die Aliens, die über diese Liga gekommen sind" und die nicht mehr aufhören können, Rekorde zu sammeln. Was erstmal gute Nachrichten sind. Wenn man es mit dem FC Bayern hält - und nicht so gut, wenn man es mit einem anderen Bundesliga-Team hält.
Harry Kane trifft viel zu oft
Viel ist in den vergangenen Wochen über den Anführer Harry Kane geschrieben worden, der natürlich auch gegen Eintracht Frankfurt wieder überall und vor allen Dingen in der Nähe des Tors zu finden war. Seinen elften Saisontreffer erzielte er bei den Hessen nun mit einem Schuss von außerhalb des Strafraums. Ansatzlos, flach und unhaltbar flog der Ball aus 18 Metern in die linke, untere Ecke. Kaua Santos, der Frankfurter Keeper, war machtlos. Dabei stand er gut positioniert, hatte zwei, drei Schritte aus dem Tor gemacht. Das war dadurch kleiner geworden. Aber was stört das einen Harry Kane?
Der England-Kapitän trifft momentan alles. Er ist ein Überperformer, seit immer. Die Datenseite understat.com kann das bezeugen. Die Seite weist für jeden einzelnen Spieler den neuerdings gerne genommenen Wert der Expected Goals aus. Diese zeigen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Schuss im Tor landet. Dabei kommt es auf die Position des Spielers, seiner Gegenspieler und auf andere Variablen an.
Der Treffer gegen Frankfurt hatte einen Wert von 0,04. Was bedeutet, dass aus exakt eben dieser Situation nur jeder 25. Schuss seinen Weg ins Tor findet. Für Kane war es überhaupt erst der vierte Schuss der Liga-Saison von außerhalb des Strafraums. Er kann es eben. Wie auch seine Saisonwerte zeigen. Kane hätte eigentlich nur sieben statt elf Tore erzielen dürfen. Zur Wahrheit gehört auch, dass Kane in elf seiner bislang zwölf Spielzeiten klar über seinen Expected Goals liegt. Sein Rekord liegt bei neun Treffern mehr im Jahr 2016/2017, damals noch für Tottenham Hotspur.
Kimmich überschwänglich
Weil Kane so treffsicher ist und niemand ihn wirklich stoppen kann, verschleiert das Bild vom Rest der Bayern-Mannschaft ein wenig. Dabei zeigt sich die Ausnahmestellung des Rekordmeisters auf nahezu allen Positionen. Auch auf dem Flügel, auf dem der ehemalige Liverpooler Luis Diaz in Frankfurt eine bemerkenswerte Leistung zeigte. Er schenkte den Frankfurtern zwei Tore ein und legte dazu noch für Kane auf. Der für viel Geld aus England gekommene Kolumbianer macht den Franzosen Kingsley Coman mehr als vergessen.
"Was er für ein Spiel gemacht hat – generell, wie schnell er sich integriert hat, wie schnell er sich eingefügt hat", schwärmte Joshua Kimmich von dem 28-Jährigen, der immer wieder in den Frankfurter Strafraum eingebrochen war und insgesamt für Verblüffung sorgt. "Ich hatte jetzt noch nie so einen Wechsel ins Ausland, aber ich glaube, dass es nicht so einfach ist, wenn du in ein neues Land kommst, die Sprache nicht sprichst. Wir haben auch schon viele Spieler davor gesehen, die das nicht so geschafft haben", sagte Kimmich und spielte damit wohl auch auf Sadio Mané an. Der war ebenfalls von Liverpool zu den Bayern gewechselt und krachend gescheitert.
Jetzt kommt der "Angstgegner"
Weil das Spitzenspiel nun bereits nach 15 Sekunden vorbei war, konnten sich die Bayern in Gedanken schon einmal auf das Oktoberfest vorbereiten. Dorthin zieht es den Rekordmeister heute. "Da erwarte ich eine Top-Leistung von dem. Da erwarte ich, dass er sich mal die eine oder andere Maß gönnt", sagte Kimmich über Diaz. Der damit natürlich unter Druck steht.
Wenn die Bayern das Oktoberfest geschafft, die Länderspielpause überstanden haben, kommt es gleich zum nächsten Spitzenspiel. Borussia Dortmund kommt in die Allianz-Arena. Die Dortmunder sind neuerdings so etwas wie der Angstgegner des Rekordmeisters. In den vergangenen drei Aufeinandertreffen gab es keinen Sieg. Davor aber hatten sie den BVB immer wieder aus dem Stadion geschossen. In diesem Jahr vielleicht schon nach 15 Sekunden. Die scheinen angelehnt an Warhols 15 Minuten des Ruhms nun der neue Maßstab für die Flüchtigkeit eines Spitzenspiels der Fußball-Bundesliga.
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