Verachtet, abgeschoben, gefeiert – Timo Werner sorgt für jede Emotion. Der Stürmer sollte RB Leipzig im Sommer unbedingt verlassen, er blieb und ist nun Fan-Liebling. Das sind die Antworten auf die spannendsten Werner-Fragen.
Wie nah war Werner an einem Wechsel?
Zu Beginn der Wechselperiode waren sich alle Seiten einig: Trennung ist die beste Lösung. Werner brachte intern sogar den flapsigen Spruch, dass er gar keine neue Trikotnummer brauche, weil er bald weg sei.
Allerdings entpuppte sich die Suche nach einem neuen Verein zunehmend als unlösbare Mission. Nach Information von „Sport Bild“ wurde nur mit einem einzigen Klub konkret verhandelt: Leipzigs Schwester-Verein New York Red Bulls. Dort scheiterte aber eine Einigung an den Gehaltsvorstellungen beider Seiten. Die Amerikaner wollten das Grundgehalt von zehn Millionen Euro, die er in Leipzig bekommt, stark senken, dafür über Boni optional ausgleichen. Werner wollte höhere Garantien.
Es gab weitere Klubs, die bei RB anfragten: Fenerbahçe, Trabzonspor, Neapel sowie holländische und englische Vereine. Doch als die Leipziger Bosse Werner und seinen Beratern die Anfragen präsentierten, lehnten sie sofort ab. Nicht nur aus finanziellen Gründen, Werner und Co. ging es vor allem auch um die Liga und das Land, in dem er spielen würde.
Wie verhält sich Werner?
In keiner Phase wirkte Werner bockig, sauer oder enttäuscht. Zu Beginn des Sommers war der Stürmer intern eher der ruhige Mitläufer. Teamkollegen beschreiben aber, wie er immer mehr aufblühte und lockerer wurde. „Witziger Kerl mit viel Erfahrung“, ist aus dem Mannschaftskreis am häufigsten zu hören. Jeder, der die Trainingseinheiten sieht, ist überrascht und beeindruckt von Werners Engagement, obwohl er auch viel einstecken musste. In der Vorbereitung nahm er an Testspielen nicht teil, und weil der Kader anfangs noch sehr groß war, musste er abseits der Trainingsspiele intensive Läufe machen. „Die Kader-Nominierungen sind die Belohnung für gute Trainingsleistungen“, sagt Abwehr-Chef Willi Orban: „Immer Gas zu geben, obwohl man in keiner leichten Situation ist, ist sehr professionell.“
Allerdings gehört auch zur Wahrheit: Extra-Einheiten reißt er nicht ab, und er stellt seine internen Sturm-Konkurrenten auch nicht in den Schatten. Werner bietet sich als Option an, drängt sich aber (noch) nicht als klarer Startelf-Kandidat auf.
Warum ist Werner so beliebt?
Bei seinem Kader-Comeback gegen Köln wurde der 29-Jährige schon beim Warmmachen gefeiert. Als Werner am vergangenen Wochenende in Wolfsburg erstmals wieder für einen Kurzeinsatz eingewechselt wurde, jubelten die RB-Fans wie bei einem Tor. Nach der Partie wurde Werner beim Auslaufen so gefeiert, dass er auf das Leipziger Wappen tippte. Und selbst von den gegnerischen Fans waren bisher keine Schmähungen gegen ihn zu hören. „Die Fans lieben Timo, und wir lieben ihn genauso“, sagt Orban.
Die Sympathie für den ehemaligen Nationalspieler ist eine Mischung aus einigen Dingen. Werner war in Leipzig immer beliebt, war der erste echte Star nach dem Aufstieg und ist das Gesicht der ersten erfolgreichen Jahre. Die Fans vergessen ihm nicht, dass er RB-Rekord-Torschütze in der Bundesliga ist (113 Treffer in 214 Spielen). Das Band wurde noch dicker, als Werner nach seiner Schwalbe gegen Schalke 2016 von der ganzen Liga geschmäht wurde.
Und, was viele nicht wissen: Der Angreifer war und ist immer sehr nahbar. Werner war oft in Leipzig unterwegs, aß Döner und Bratwurst im Imbiss, erfüllt jeden Autogramm- oder Selfie-Wunsch, wirkt dabei nicht arrogant. Kurios: In den vergangenen Tagen nahmen die Anfragen im Leipziger Fanshop nach Werner-Trikots wieder zu. Noch vor seinem Kader-Comeback war der Wunsch nach Shirts mit seiner neuen Nummer 36 überschaubar.
RB-Geschäftsführer Marcel Schäfer sieht eine Chance in der Euphorie um Werner. „Das kann uns auch mal helfen, wenn wir so die ganze Kurve bekommen“, sagt er. Und Orban meint: „Wenn so ein starker Spieler wie Timo eingewechselt wird, macht das etwas mit dem Kopf des Gegners.“
Wie geht es mit Werner weiter?
Kader-Comeback, erste Spielminuten – ob Werner bald länger ran darf oder gar in der Startelf steht, lässt Trainer Ole Werner offen. „Wir werden im Laufe der Saison jeden Spieler brauchen. Es kommt darauf an, wer sich im Konkurrenzkampf durchsetzt“ sagt er.
Klar ist aber auch: Timo Werners Vertrag endet im Sommer 2026, er bekommt keinen neuen – und soll nach Möglichkeit schon im Winter gehen. Dann sollen die Gespräche mit New York neu aufgenommen werden. Aber mit der aktuellen Aufmerksamkeit und frischen Eindrücken aus der Bundesliga kann der Markt für Werner auch wieder größer werden.
Werner schließt nicht aus, innerhalb Deutschlands zu wechseln. Neben den USA sind aber auch die großen europäischen Ligen wie England, Frankreich oder Spanien Optionen für ihn.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.
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