Den Tennisschläger klemmte sich Alexander Zverev unter den Arm. Dann verewigte er sein Autogramm auf kleine und große gelbe Tennisbälle, die ihm die jungen Fans entgegenstreckten. Am Kids' Day war das Gedrängel schon vor dem Auftakt der US Open groß – und Zverev präsentierte sich „glücklich“ mittendrin. Keine acht Wochen nach seinen international aufsehenerregenden Aussagen über ein Gefühl der Einsamkeit, mentale Probleme und fehlende Motivation auf dem Platz ist Zverev offenbar mit frischer Zuversicht zurück.

Offen und mit klarer Stimme sprach der Weltranglisten-Dritte über den Schritt, den er wegen seiner mentalen Probleme wählte. „Professionelle Hilfe habe ich mir geholt und mit der arbeite ich auch weiter zusammen“, sagte der 28-Jährige vor seiner Erstrundenpartie beim New Yorker Spektakel am Dienstag.

Die Hilfe tue ihm gut. „Es ist ein Prozess. Das ist nicht innerhalb von ein oder zwei Wochen vorbei. Ich denke, das ist etwas, an dem man über mehrere Jahre hinweg arbeiten muss“, sagte der Hamburger. „Das ist es, was ich tue.“ Um welche Art der Unterstützung es sich genau handelt, ließ er offen.

Das Zverev-Team? „Super“

In jedem Fall hinterließ der Australian-Open-Finalist einen ganz anderen Eindruck als noch bei seinem Abschied von Wimbledon. Nicht nur Boris Becker fand es damals „besorgniserregend“, was Zverev über sein Seelenleben offenbarte.

Er habe sich „noch nie so leer gefühlt“, hatte Zverev in London gesagt, nachdem er gegen den Franzosen Arthur Rinderknech in der ersten Runde gescheitert war. „Mir fehlt der Spaß an allem, was ich tue.“ Er brauche möglicherweise zum ersten Mal in seinem Leben eine Therapie. Und müsse verstehen, welche Menschen ihm Freude bringen, was ihm Spaß mache, was ihn motiviere. „Das ist für mich die Nummer-eins-Aufgabe mit 28.“ Seine Tochter Mayla sei die Person, die ihn am glücklichsten mache.

In seinem Team hat Zverev bisher keine auffallenden, dauerhaften Veränderungen vorgenommen. Im New Yorker Pressesaal saßen sein älterer Bruder Mischa Zverev und Kumpel Sergei Bubka als seine Manager in der dritten Reihe. Auf dem Trainingsplatz standen wie gewohnt Vater und Trainer Alexander Zverev Senior und Fitnesscoach Jez Green. Mischas ältester Sohn war auf dem Platz, Mutter Irina beobachtete das Treiben von der Tribüne aus.

Die Leute um ihn herum seien „super“, beschwichtigte Zverev. Zu einem festen Engagement von Toni Nadal ist es bisher nicht gekommen. An der Akademie von Rafael Nadal auf Mallorca hatte sich Zverev auf die Nordamerika-Tour vorbereitet - und dabei mit dessen Onkel und früherem Erfolgscoach trainiert.

Zverev genießt Turniere nach kleiner Auszeit

„Das spricht auch für Toni, dass er sich das überlegen muss, er ist ein beschäftigter Mann und kann nicht von heute auf morgen alles liegen lassen“, sagte Becker im Podcast mit Andrea Petkovic. „Es spricht für Sascha, dass er vielleicht mit einem erfahrenen, erfolgreichen Coach wie Toni Nadal den nächsten Schritt machen kann. Er sieht, dass er sich weiterentwickeln muss.“

Die Zeit nach Wimbledon und damit auch auf Mallorca haben Zverev nach seinen Worten gutgetan. So habe das frühe Wimbledon-Scheitern eine positive Seite. Er gönnte sich Urlaub, verbrachte Zeit mit Freunden, verdrängte Tennis. Er habe Zeit gehabt, sich „selber wiederzufinden“, sagte der US-Open-Finalist von 2020. Er habe die Rückkehr auf den Tennisplatz wirklich „genossen“.

Die Topfavoriten der US Open sind der italienische Weltranglistenerste Jannik Sinner und der spanische French-Open-Champion Carlos Alcaraz. Doch bis zum Halbfinale und einem möglichen Duell mit Titelverteidiger Sinner klingt Zverevs Auslosung machbar. Los geht es am Dienstag (Ortszeit) in der Nightsession im größten Tennis-Stadion gegen den Chilenen Alejandro Tabilo, der in der Weltrangliste bis auf Platz 126 zurückgefallen ist.

Zverev schluckte womöglich zu viele Schmerzmittel

Und auch Zverevs körperliche Probleme von Cincinnati, wo er über Atem- und Kreislaufprobleme klagte, scheinen kein Thema mehr zu sein. „Ich habe ein Blutbild gemacht danach. Das hat mir gezeigt, dass meine Werte eigentlich okay waren“, berichtete Zverev und rätselte über die Gründe. „Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, dass ich zu viele Schmerzmittel genommen habe und mir dadurch vielleicht etwas schlecht wurde. Ich habe Rückenschmerzen gehabt die letzten paar Wochen.“

Doch jetzt fühlt sich Zverev bereit für das vierte und letzte Grand-Slam-Turnier der Tennis-Saison. „Ich fühle mich viel besser“, sagte die deutsche Nummer eins. „Ich war sehr frustriert mit mir selbst. Ich war auf dem Tennisplatz nicht glücklich. Jetzt habe ich das Gefühl, dass es wieder in die richtige Richtung geht“, erklärte Zverev, „und ich bin sehr glücklich, gerade hier zu sein.“

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