Für Thomas Müller (35) hatten die ersten Tage in Kanada mehr mit Marathon als mit Fußball zu tun. Am Mittwoch eingeflogen aus München, Donnerstag Medien-Termine und Medizintests, Freitag und Samstag die ersten Einheiten mit der neuen Mannschaft.

Es war so viel Trubel, dass Jesper Sörensen (52), Trainer von Müllers neuem Verein Vancouver Whitecaps, aus Belastungs-Gründen und fehlender Spielpraxis dazu tendiert, den neuen Superstar des kanadischen MLS-Klubs bei seinem Debüt im „BC Place Stadium“ gegen Houston (Sonntag, 18 Uhr Ortszeit) wohl erst mal nur als Joker zu bringen.

Für Müller kein Problem: „Ich muss schauen, dass ich in den nächsten Wochen Spielrhythmus bekomme. Ansonsten fühle ich mich fit“, sagte er gegenüber BILD. Am Trainingsgelände der Whitecaps ist der Weltmeister bereits angekommen. Er möchte im Team als Mitspieler und nicht als Star wahrgenommen werden. Darum hatte er den deutschen Sportdirektor Axel Schuster (53/früher Mainz und Schalke) vorab um die Telefonnummern seiner Kollegen gebeten, um sich bei ihnen vorzustellen und ihnen etwaige Vorbehalte zu nehmen.

Seine Botschaft ans Team lautet: Ich möchte keine Sonderrolle, sondern einer von euch sein.

Müller lebt jetzt mit Blick aufs Stadion

Die Mitspieler sollen Müller zudem auch bei seiner Eingewöhnung helfen. Statt wie in der Heimat auf seinem Pferdehof „Gut Wettlkam“ in Otterfing hat Müller in Vancouver eine Hochhaus-Wohnung bezogen – „Downtown“. Erst mal ohne seine Frau Lisa (36): „Bis Dezember bleibe ich auf jeden Fall alleine hier. Ich bin ja auch wegen dem Sportlichen gekommen. Die Saison bis Dezember ist sehr gestückelt, und wir haben ja auch Länderspielpausen“, erklärt Müller und ergänzt: „Der andere Grund ist, dass Lisa auch mitten in der Saison beim Dressurreiten ist. Da würde es jetzt keinen Sinn machen, da große Umzüge zu planen.“

Staubsaugen und Kochen könne er, er sei ja schon ein großer Junge, scherzte Müller. Aber natürlich steht bei ihm der Fußball im Fokus – in Vancouver sogar im wahrsten Wortsinne. „Das Apartment ist gut gelegen – mit Blick aufs Stadion, das nachts echt schön beleuchtet wird. In der Farbe Blau, aber trotzdem schön“, beschreibt Müller seinen Ausblick. Dass die Bayern-Legende zudem statt einem roten nun ein blau-weißes Trikot bei den Whitecaps trägt, sorgte nicht nur für die eingefleischten Bayern-Fans für anfängliches Unbehagen.

„Mein Bruder, ein sehr großer Bayern-Fan, hatte anfangs damit schon zu kämpfen“, räumt Müller ein. Blau-Weiß sind die Farben des Bayern-Lokalrivalen 1860 München.

Um das Trikot ist bereits ein Hype ausgebrochen, in Deutschland ist es aktuell nicht mehr bestellbar. Auch das erste Müller-Heimspiel ist bereits ausverkauft.

„Habe die Gerd-Müller-Nummer an mich gerissen“

Müller wird in Zukunft mit der Rückennummer 13, die er einst bei der Nationalmannschaft trug, auflaufen – nicht mit seiner Bayern-Nummer 25. Beide Nummern waren bei den Whitecaps eigentlich bereits an Spieler vergeben. Der Klub entschied, ihm die 13 zu geben, Müller selbst hatte nach keiner speziellen Nummer verlangt. Als Dank dafür, dass ihm Mitspieler Ralph Priso-Mbongue (23) seine Rückennummer überließ, schenkte ihm Müller beim Freitagstraining eine Lederhose, die er extra aus Bayern mitgebracht hatte.

„Mit der 13 bin ich international bekannt geworden und habe mich immer damit wohlgefühlt“, sagt Müller und verrät: „Ich bin nicht der Trikotnummer-Guy, wenn ich mal ehrlich bin. Ich habe einfach immer das genommen, was da war.“ So sei es auch einst bei der Nationalmannschaft gewesen.

Laut Müller soll Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff einst die Idee mit der 13 gehabt haben. Der eigentliche Inhaber war mit Michael Ballack vor der WM 2010 verletzt. „Ich bin in die Lücke reingestoßen und habe die Gerd-Müller-Nummer an mich gerissen und nicht mehr losgelassen“, erinnert sich Müller, „daher passt die 13 gut, denke ich.“

Überrascht hat Müller in den wenigen Tagen in Kanada mit seinem sehr guten Englisch. Auf seiner Vorstellung am Donnerstag zeigte er sich in der Fremdsprache ebenso schlagfertig, wie man es bei seinen Sprüchen aus Deutschland kennt. Hat Müller für seinen Schritt über den großen Teich bei seinem Englisch noch mal nachgeholfen? „Es ist Schul-Englisch“, klärt Müller auf. Er habe sich zwar im Laufe der Jahre ein wenig weitergebildet, aber zufrieden sei er mit seinem Englisch noch nicht ganz.

„Ich habe schon noch einen sehr begrenzten Wortschatz“, sagt Müller: „Das Schöne im Englischen ist, dass man vieles um- und beschreiben kann. Das heißt, man kann die gleichen Wörter, immer wieder verwenden. Aber da möchte ich schon noch was drauflegen.“

Bundesliga zum Frühstück

Müller führt nun in Kanada nach 17 Jahren FC Bayern sein eigenes Leben in einer eigenen Liga. Seinen Herzensklub wird er trotz der Distanz und des Zeitunterschieds nicht ganz aus den Augen lassen.

„Ich bin ein Kind der Bundesliga und werde sie natürlich weiterverfolgen, auch wenn das eher beim Frühstück sein wird“, versichert der 13-malige Deutsche Meister. Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Müller vor dem Fernseher hängen wird, wenn nach kanadischer Zeit samstags um 6.30 Uhr die Bundesliga angepfiffen wird. „Ich spiele mit einer größeren Gruppe ,Kickbase Fantasy Manager‘, da muss ich natürlich up-to-date bleiben“, schmunzelt Müller und verrät: „Ich bin in diesem Jahr ja Titelverteidiger.“

Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in der „Bild“ veröffentlicht.

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