Beim VfB Lübeck ist man stolz auf seine Pokal-Geschichte. Mit dem jungen Trainer Dieter Hecking erreichte der Traditionsklub 2004 das Halbfinale und zwang dort den späteren Meister und DFB-Pokalsieger Werder Bremen in die Verlängerung. In den Jahren danach kamen auch Borussia Dortmund, der VfB Stuttgart, zweimal der FC St. Pauli und zuletzt die TSG 1899 Hoffenheim in das Stadion an der Lohmühle.
Vor dem Erstrunden-Spiel an diesem Samstag gegen den SV Darmstadt 98 (18.00 Uhr/Sky) geht es für den Fußball-Regionalligisten aber nicht bloß um eine Pokal-Überraschung. Der VfB kämpft um sein Überleben. Wirtschaftlich sind die Lübecker schwer angeschlagen. Sportlich können sie sich deshalb nur ein Team aus lauter unerfahrenen und unterklassigen Spielern leisten.
„Jedem ist hier bewusst: Das ist gerade eine sehr, sehr schwierige Zeit in der Vereinsgeschichte, die wir gemeinsam überstehen müssen“, sagte Sportvorstand Sebastian Harms.
Spendenaktion rettete den VfB Lübeck vorerst
Ein Blick zurück: Im vergangenen Herbst stellten die Lübecker auf einmal fest, dass ihnen zur Deckung ihres Etats rund eine Million Euro fehlen. Nur eine große und öffentlichkeitswirksame Spendenaktion rettete den Klub vor dem dritten Insolvenzverfahren nach 2008 und 2013.
Doch schon im März dieses Jahres gab es einen neuerlichen Fehlbetrag von 400.000 Euro. Eine von der Vereinsführung eingesetzte Expertenkommission fällte bei der Mitgliederversammlung ein verheerendes Urteil über die Strukturen und die „chronische systematische Unterfinanzierung“ des Klubs. Anderthalb Wochen vor Beginn dieser Regionalliga-Saison hatte der ehemalige Zweitligist gerade einmal 15 Spieler unter Vertrag.
Die gute Nachricht ist: Den VfB gibt es noch und der Kader ist mittlerweile auf 24 Spieler angewachsen. Die besorgniserregende Nachricht ist: Die Hälfte der 14 Zugänge ist nicht älter als 21 Jahre und spielte bis Mai noch maximal fünftklassig. Nicht in die Oberliga Schleswig-Holstein abzusteigen, ist vorerst das einzige Saisonziel des einst so ambitionierten Klubs.
Ein Faktor, der dem VfB aus dieser Spirale heraushelfen könnte, ist immer noch sein Name, seine Tradition, seine Zugkraft. „Wir sind ein Standort, wo immer Zuschauer kommen, bei dem immer hingeguckt wird, der eine gewisse mediale Reichweite hat. Das heißt: Wenn du hier gute Leistungen bringst, bleibt das normalerweise nicht unentdeckt“, sagte Harms.
„Junge Spieler, die uns als Bühne nutzen wollen“
Ihm und seinem Drittliga-erfahrenen Trainer Guerino Capretti (SC Verl, Dynamo Dresden, FC Ingolstadt) ist es gelungen, Talente nach Lübeck zu holen, die anderswo deutlich mehr Geld hätten verdienen können. „Junge Spieler, die uns als Bühne und als Plattform für ihre Weiterentwicklung nutzen wollen“, wie Harms sagt.
Der 46-Jährige leitete bis 2021 die Nachwuchsabteilung des Hamburger SV. Sein Netzwerk hilft dem VfB. Die Darmstädter Profis Patric Pfeiffer, Fabian Nürnberger und Alexander Brunst zum Beispiel trainierte Harms in der HSV-Jugend selbst.
Auch die Pokal-Einnahmen können die Lübecker in diesem Jahr besser gebrauchen als je zuvor. Allein 211.886 Euro an Prämien schüttet der DFB an jeden Erstrunden-Teilnehmer aus. Bis zu 9500 Zuschauer werden am Samstag an der Lohmühle erwartet.
„Wir wissen, was auf uns zukommt: ein kleines, kompaktes Stadion und eine eklige Mannschaft“, sagte Darmstadts Zugang Marco Richter, der in der vergangenen Saison noch für den HSV spielte. Mit dem Namen VfB Lübeck können eben immer noch viele etwas anfangen.
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