Der Fall der verunglückten Ex-Biathletin Laura Dahlmeier hat ein Schlaglicht auf die Frage geworfen, ob oder wie Tote aus den Bergen geborgen werden können. Wesentliche Faktoren sind natürlich das Wetter und die Zugänglichkeit der Unfallstelle. Während etwa der Mount Everest mit seinen lebensfeindlichen Bedingungen für viele Bergsteiger zum Grab geworden ist, werden in den Alpen Tote in der Regel geborgen.
Die erfahrene Bergsportlerin Dahlmeier war am 28. Juli bei einer Expedition am 6096 Meter hohen Laila Peak im Karakorum-Gebirge in Pakistan durch einen Steinschlag getötet worden. Nach Angaben ihres Managements hatte sie verfügt, dass im Fall ihres Todes ihr Leichnam im Berg bleiben solle, falls sich Helfer bei der Bergung in Lebensgefahr begeben würden. Ob eine spätere Bergung erfolgen soll, war zunächst offen geblieben.
In der Region um den Laila Peak sind einem Regierungssprecher zufolge in diesem Jahr mindestens zwei weitere Kletterer ums Leben gekommen.
Rund 340 Todesfälle auf dem Mount Everest
Am Mount Everest im nepalesisch-chinesischen Grenzgebiet schlängeln sich jede Saison Abenteurer in Richtung Gipfel. Wie viele Menschen beim Versuch, den mit 8848 Metern höchsten Berg der Welt zu bezwingen, gestorben sind, lässt sich nicht sicher sagen.
Die Organisation Himalayan Database geht von rund 340 Todesfällen zwischen 1921 und 2024 aus. Am zweithöchsten Berg, dem 8611 Meter hohen K2 im Grenzgebiet zwischen Pakistan und China, sind es der dortigen Tourismusbehörde zufolge rund 90 Tote seit den 1930er-Jahren.
Etwa die Hälfte der Everest-Toten dürfte Schätzungen zufolge noch auf dem Berg liegen – weil sie nicht gefunden wurden oder weil ihre Bergung schlichtweg unmöglich ist. Das Schmelzen von Eis und Schnee ließ in den vergangenen Jahren einige Leichen wieder sichtbar werden.
Manche Tote bleiben über Jahre und Jahrzehnte liegen, teils in Sichtweite der Routen. Einzelne sind dort quasi zu Wegmarken geworden, haben Namen bekommen – „Green Boots“ etwa, ein Bergsteiger mit grünen Stiefeln. Er wurde Berichten zufolge – wie auch sterbliche Überreste anderer Opfer – inzwischen etwas abseits der Kletterroute gebracht.
Vier bis fünf Träger für einen Toten
Die Bergung aus höchsten Höhen, aus Regionen, in denen die Luft extrem dünn wird, aus der sogenannten „Todeszone“ gar, ist für Retter riskant. Die Körper in niedrigere Regionen zu transportieren, sei schwierig, heißt es aus Sherpa-Kreisen. Das gelte insbesondere für Leichname, die sich schon länger auf dem Berg befänden. Diese seien gefroren und somit schwerer. Für einen Toten würden vier bis fünf Träger benötigt.
Im Juni 2024 berichtete die Zeitung „The Himalayan Times“ von einer Säuberungsaktion auf mehreren Achttausendern im Himalaya. Dabei seien nicht nur elf Tonnen Müll ins Tal gebracht worden – sondern auch fünf Tote. Derlei Initiativen gibt es auch von Behörden oder einzelnen Bergsteigern.
Nicht nur die extremen Bedingungen erschweren die Bergung. Die Maßnahmen kosten viel Geld. Der Transport einer Leiche vom Mount Everest könne bis zu 100.000 Dollar kosten, sagt Mingma Sherpa, Chef des Expeditionsveranstalters Seven Summit Treks. Falls der Tote nahe dem Gipfel liege, koste es sogar noch mehr. Entsprechend geringer fielen die Kosten aus, je tiefer sich sterbliche Überreste befänden.
In den meisten Fällen müssten die Familien der Toten die Bergungskosten tragen, heißt es aus Kreisen der Bergführer und Reiseveranstalter. Wegen der hohen Kosten oder weil es die Kletterer selbst so gewünscht haben, blieben Leichen auf dem Berg liegen. Kam ein Bergführer ums Leben, ergriffen die betroffenen Unternehmen oder Sherpas die Initiative, um die Leiche zu bergen.
In Bayern muss jeder Bergtote geborgen werden
Anders ist die Situation in den bayerischen Alpen, deren höchster Berg – die Zugspitze – mit 2962 Metern vergleichsweise niedrig ist. Hierzulande müsse jeder Bergtote geborgen werden, sagt eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberbayern-Süd in Rosenheim. Bestattungsgesetz und -verordnung lieferten die rechtlichen Vorgaben, die die Polizei umsetzen müsse. Tödlich verunglückte Wanderer oder Kletterer auf dem Berg zurückzulassen, sei nicht vorgesehen. Zahlen zu Todesfällen in den Alpen lagen der Polizei nicht vor.
Grundsätzlich soll jeder tödlich verunglückte Bergsteiger sofort geborgen werden, erläutert die Polizeisprecherin. In Einzelfällen sei das nicht möglich, etwa aufgrund einer erhöhten Gefährdung der Einsatzkräfte durch Stein- oder Eisschlag oder bei Lawinengefahr. In diesen Fällen erfolge die Bergung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, in der Regel in den folgenden Tagen.
Bei Vermisstenfällen werde grundsätzlich so lange gesucht, bis die Person gefunden wird. „So lange eine Chance besteht, die Person lebend zu finden, wird gemeinsam mit der Bergwacht sehr intensiv gesucht. Natürlich spielt dabei auch die Witterung eine bedeutende Rolle“, erläutert die Sprecherin. Auch bei schwierigen Bedingungen würden alle Möglichkeiten der Suche ausgeschöpft.
Falls die Person in dieser Phase nicht gefunden werde, erfolgten in zeitlichen Abständen immer wieder Suchen. Das laufe nicht anders als bei Suchen nach vermissten Personen außerhalb der Berge.
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