Mathias Gidsel, so begründete Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar die Leistungssteigerung des gesamten Teams, „macht jeden Mitspieler besser.“ Der Handballklub aus Berlin hat eine herausragende Saison hinter sich: Am letzten Spieltag sicherte sich die Mannschaft die erste Meisterschaft ihrer Vereinsgeschichte. Eine Woche nach dem Premieren-Gewinn mussten sich die Hauptstädter dann zwar im Champions-League-Endspiel dem SC Magdeburg geschlagen geben, doch es war ihr erstes Finale überhaupt in der Königsklasse. Einzig im Pokal enttäuschten die Füchse mit der Achtelfinalniederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen. Gidsel ist dabei nicht nur der Superstar der Füchse Berlin, sondern der beste Spieler der Welt.
Frage: Herr Gidsel, wie war der Handball-Urlaub, haben Sie sich erholt?
Mathias Gidsel (26): Ich habe es probiert.
Frage: Nur probiert?
Gidsel: Es war genug. Ich bin ja wegen des Champions-League-Final4 etwas später in die Ferien gekommen. Aber ich war mit meiner Freundin Katrine und meiner ganzen Familie zunächst auf Mallorca, wir haben da den 60. Geburtstag meines Vaters gefeiert. Wir hatten dort wirklich eine schöne Zeit zusammen. Das Wetter war cool, alle waren zusammen. Ich habe das sehr genossen.
Frage: Und danach sind Sie unter die Heimwerker gegangen und haben eine Terrasse gezimmert?
Gidsel: Nicht nur die. Wir haben uns ein Sommerhaus am Strand in Dänemark gekauft und ausgebaut. Ich kann im Urlaub nicht immer nur sitzen, ich muss immer etwas machen. Zuerst versuche ich es beim Heimwerken immer selbst. Wenn ich es dann doch nicht kann, müssen ab und zu auch Profis helfen und meine Fehler korrigieren. Ich bin nicht so gut darin, aber ich mag es gern, mit meinen Händen etwas zu machen. Ich habe auch in unserer Wohnung in Berlin alles selbst gemacht.
Frage: Ist das auch ein Job für nach der Karriere – Tischler, Möbelrestaurator oder Innendesigner?
Gidsel: Nein, ich glaube, das bleibt ein Hobby.
Frage: Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach dem Handball?
Gidsel: Das kommt darauf an, wie meine Karriere noch verläuft. Ich habe Katrine, wir haben unseren Hund Hermann, vielleicht haben wir dann schon Kinder, und ich will erst einmal viel Zeit mit ihnen verbringen. Ich kann mir auch vorstellen, Trainer zu werden, vielleicht für junge Menschen. Auf alle Fälle möchte ich von dem etwas zurückgeben, was ich als Kind erlebt habe, und jungen Leuten dabei helfen, vielleicht die gleiche Karriere zu schaffen wie ich.
Frage: Haben Sie in Ihren Handball-Ferien auch etwas vermisst?
Gidsel (lacht): Noch mehr Zeit. Man kann immer mehr Urlaub gebrauchen. Aber es war ein schönes Gefühl, denn ich habe Berlin und unsere Wohnung vermisst. Das ist immer ein gutes Zeichen, dass man sich auch im Alltag wohlfühlt, dort, wo man spielt.
Frage: Nach nur knapp fünf Wochen Freizeit, wie groß ist Ihre Lust auf Handball jetzt?
Gidsel: Mental war mein Kopf nach einer Woche bereit, wieder Handball zu spielen, aber mein Körper hat nach den letzten zwei harten Jahren nach einer Pause geschrien. Durch Olympia haben wir fast komplett durchgespielt. Aber jetzt könnte ich schon wieder spielen.
Frage: Nur machen Sie das in der Phase der Vorbereitung noch nicht so oft …
Gidsel: Stimmt, noch wird viel gelaufen. Auf Intervalle und Cardio habe ich nicht immer so viel Lust. Gehört aber zum Job. Das ist wirklich immer hart für die Motivation. Gebt mir einen Ball, und ich laufe 60 Minuten hoch und runter. Ohne Ball gehört das nicht gerade zu meinen liebsten Dingen im Training.
Frage: Welchen Eindruck haben Sie von Ihrem Team gerade, wird das wieder so eine überragende Saison?
Gidsel: Natürlich ist es vielleicht nach so einer Meister-Saison ein bisschen schwerer. Aber wir haben die gleiche Basis, haben nur zwei Spieler dazubekommen. Aber die sind extrem gut. Die machen uns eher noch stärker. Wir haben weiter unseren tollen Verein, unser Spielsystem, unsere Sachen – ich denke, wir bleiben gut. Wir müssen jetzt nur versuchen, den gleichen Run zu kriegen wie im letzten Jahr. Wir haben nicht nur der Welt, sondern auch uns selbst gezeigt: Wir können das, wir haben das Niveau.
Frage: Linksaußen Aitor Ariño und Spielmacher Tobias Grøndahl sind neu. Was erwarten Sie von den beiden?
Gidsel: Tobias habe ich schon beobachtet bei seinen Spielen für GOG in Dänemark. Seine Pass-Qualität ist eine der besten in der Welt, wie er Handball spielt und denkt, ist sehr besonders. Er hat schon ein sehr hohes Niveau, auch wenn er noch sehr jung ist. Ich glaube, er passt perfekt zu unserem schnellen Handball. Er bringt als Rechtshänder, bei unseren vielen Linkshändern im Team, ein bisschen Extra-Qualitäten mit. Das wird extragefährlich für die Gegner. Genau wie unser neuer Spanier. Der hat diese gewisse Gewinner-Mentalität. Er ist einer der Top-3-Abwehrspieler auf der Außenposition, da können unsere jungen Außen noch sehr viel lernen. Mit ihm haben wir noch eine andere Möglichkeit in der 5:1-Abwehr. Mit dieser spanischen Mentalität können wir vielleicht Magdeburgs Gisli Kristjansson besser stoppen.
Frage: Worin können Sie sich persönlich denn noch verbessern? Sie haben schon alle Rekorde und Auszeichnungen abgeräumt, die es zu holen gibt ...
Gidsel: Wenn ich ehrlich bin, ist das schwierig nach so einer Saison. Vielleicht muss man nicht erwarten, dass ich so eine Rekordsaison noch einmal schaffe. Aber das ist vielleicht auch nicht das Ziel. Mein Ziel ist es, mit der Mannschaft einen Weg zu finden, gleich so zu spielen, wie wir die letzten vier Monate der vergangenen Saison gespielt haben. Das ist meine Aufgabe, vorneweg zu gehen. Dann können wir auch wieder Deutscher Meister werden. Und mehr.
Frage: Was zum Beispiel?
Gidsel: Wir haben noch ein Extra-Ziel. Wir spielen ja nicht nur, um Deutscher Meister und Champions-League-Sieger zu werden, sondern auch um den Pokalsieg. Das war im vergangenen Jahr gar nicht gut und die Kritik berechtigt. Gegen die Rhein-Neckar Löwen kannst du verlieren, aber nicht so und nicht so früh. Da haben wir noch etwas gutzumachen. Das ist auch ein großes Ziel für mich persönlich.
Frage: Ihr persönliches Ziel ist also, der Leader zu sein?
Gidsel: Ich muss nicht immer 275 Tore werfen, ich würde lieber die gleiche Stabilität in meinem Spiel haben wie in den vergangenen drei Jahren. Ich glaube, das hat kein anderer Handballspieler zuletzt so gut gemacht wie ich. Ich hoffe, ich bekomme das wieder hin.
Frage: Was hat die Mannschaft für konkrete Ziele?
Gidsel: Es wäre nicht sehr glaubwürdig, wenn wir nicht sagen würden, wir wollen diese Ziele – Meister, Champions-League-Sieger, Pokalsieger – erreichen, denn wir hatten alles im Griff letztes Jahr. Natürlich ist es nicht einfach, aber ich finde, unsere Mannschaft ist noch besser als in der vergangenen Saison. Ich finde, auch Magdeburg ist eine bessere Mannschaft.
Frage: Wer sind denn die Hauptkonkurrenten?
Gidsel: Magdeburg.
Frage: Keine anderes Team?
Gidsel: Ich finde ganz klar Magdeburg. Die sind uns und den anderen in der Liga noch einen kleinen Schritt voraus.
Frage: Die Verträge Ihres Sport-Vorstands Stefan Kretzschmar und des Trainers Jaron Siewert laufen 2026 aus und sind noch nicht verlängert. Würden Sie es begrüßen, wenn die beiden noch länger bleiben? Ihr eigener Vertrag geht bis 2029.
Gidsel: Diese Entscheidung liegt auf der Geschäftsstelle und nicht bei mir. Solange die beiden hier sind, stehe ich und natürlich wir als Mannschaft hinter den beiden.
Frage: Sie sind ein berühmter Welthandballer, lieben aber in Berlin die Anonymität, anders als in Ihrer Heimat Dänemark. Hat sich das mit dem Meistertitel geändert?
Gidsel: Also, ich kann in Berlin immer noch gut untertauchen. Aber es hat sich schon etwas verändert. Die Füchse Berlin und der Handball sind durch unsere Meisterschaft bekannter geworden. Ich kann immer noch mein Leben anonym halten, aber auch meine Nachbarn in Prenzlauer Berg wissen inzwischen, wer die Füchse Berlin sind.
Der Text wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, „Bild“, „Sport Bild“) erstellt und zuerst in „Sport Bild“ veröffentlicht.
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