Sjoeke Nüsken schnappte sich den Ball und musste warten. Und warten. Schiedrichterin Catarina Ferreira Campos lauschte mit dem Finger am Knopf in ihrem Ohr den Worten von Videoschiedsrichter Alen Borosak. Zweieinhalb Minuten dauerte es bis zur Entscheidung. Dann stand fest: Nüsken musste den Ball unter ihrem Arm wieder abgeben. Kein Elfmeter, das Handspiel der Dänin Frederikke Thögersen war außerhalb des Strafraums. Es gab Freistoß für die deutsche Mannschaft.

Die Entscheidung war richtig, keine Frage. Sie wurde nach dem 2:1-Erfolg im zweiten Gruppenspiel bei der EM auch gar nicht angezweifelt. Es waren die langen Wartezeiten, die beim DFB-Team für Ärger sorgten. „Ich weiß nicht, wie lange Sjoeke anschließend mit dem Ball da stand, bis entschieden wurde, dass es kein Elfmeter ist. Das ist ein fader Beigeschmack, dass es so lange dauert“, sagte Bundestrainer Christian Wück auf Nachfrage der „Bild“.

Noch zwei weitere Male mussten sich die Spielerinnen wegen Campos langwieriger Kommunikation mit dem VAR gedulden. Der vermeintliche Führungstreffer von Klara Bühl (18.) wurde nach etwas mehr als drei Minuten aberkannt. Und auch den Elfmeter, den Nüsken dann wirklich zum zwischenzeitlichen Ausgleich (56.) verwandeln durfte, gab es erst nach VAR-Einsatz und fast zweieinhalb Minuten Wartezeit.

„Es ist natürlich nervig, wenn man da fünf Minuten für eine Entscheidung steht“, sagte die gefoulte Linda Dallmann nach dem Spiel. „Ich weiß nicht, wem man einen Vorwurf machen kann. Sowohl im Männer- als auch Frauenfußball müssen wir schauen, dass wir solche Entscheidungen schneller treffen“, ergänzte Bundestrainer Wück. Dass das Spiel gegen Dänemark gewonnen wurde, man damit vorzeitig ins Viertelfinale einzog und alle Entscheidungen der Schiedsrichterin letztendlich korrekt waren, tat der Kritik keinen Abbruch.

Dänen ärgern sich über Szene vor dem 1:2

Auch die unterlegenen Däninnen stiegen mit kritischen Tönen ein, allerdings aus ganz anderem Grund. Sie kritisieren Campos für die Szene, die zum entscheidenden 1:2 (66.) aus ihrer Sicht führte. Dänemarks Verteidigerin Emma Faerge schoss ihrer Mitspielerin Emma Snerle beim Befreiungsschlag aus wenigen Metern den Ball ins Gesicht. Diese ging zu Boden, der Ball landete bei Jule Brand. Deutschland spielte weiter, Brand bediente schließlich Torschützin Lea Schüller, die den Endstand markierte. Snerle musste im Anschluss behandelt und sichtlich benommen ausgewechselt werden.

„Wir brauchen klare Regeln. Wenn eine Spielerin eine Kopfverletzung hat, musst du aus meiner Sicht abpfeifen und die Möglichkeit haben, etwas als Schiedsrichterin zu tun. Ich verstehe nicht, wieso sie das Spiel nicht angehalten hat“, sagte Trainer Andree Jeglertz im Anschluss bedient. Noch deutlicher wurde seine Stürmerin Amalie Vangsgaard. „Ich weiß nicht, ob sie fast ohnmächtig war. Es ist schade, dass wir Schiedsrichter haben, die keine Verantwortung für die Spielerinnen auf dem Feld übernehmen können“, sagte die Spielerin von Juventus Turin.

Unrecht haben sie mit ihrer Kritik nicht. Die Schiedsrichter sind eigentlich angehalten, das Spiel zu unterbrechen, wenn der Verdacht auf eine Kopfverletzung vorliegt.

Eine ähnliche Szene sorgte auch in der abgelaufenen Bundesliga-Saison für Ärger. Beim Spiel Borussia Dortmund gegen Bayern München wurde Niklas Süle bei einem Freistoß im Gesicht getroffen. Schiedsrichter Sven Jablonski unterbrach nicht, Bayern spielte weiter. Musiala erzielte unmittelbar im Anschluss den Treffer zum 1:1-Endstand.

In den Katakomben von Basel antwortete Ann-Katrin Berger am Dienstagabend auf die Kritik des Gegners und des Trainers. „Wenn es für sie gelaufen wäre, hätte er aber wahrscheinlich was anderes gesagt. Man muss einfach einschätzen können, ob es eine gravierende Kopfverletzung ist. Ich glaube, da würde die Schiedsrichterin abpfeifen“, sagte die DFB-Keeperin. „Und dann ist es natürlich auch unglücklich, dass es von ihrer eigenen Mitspielerin kam. Es gibt einfach Grauzonen, und da kann man es keinem recht machen.“

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