Gegen Freunde spielen, dieses Gefühl kennen viele Fußballer. Doch gegen die Verlobte spielen, das ist etwas Besonderes. Bei der Europameisterschaft der Frauen kommt es gleich mehrfach vor. Zwei Paare treffen bereits in der Gruppenphase aufeinander.

Der Ellenbogen im Gesicht und ein Schlag in die Rippen, die Nase und der Oberkörper der Gegnerin schmerzen: Magdalena Eriksson schreckt vor keinem Zweikampf zurück. Die Kapitänin des schwedischen Fußball-Nationalteams teilt im Strafraum schonmal aus. So wie Ende Februar im Nations-League-Duell mit Dänemarks Kapitänin Pernille Harder. Eriksson hat da aber gerade nicht nur ihrer Gegnerin weh getan, sondern auch ihrer Teamkollegin beim FC Bayern - und ihrer Verlobten.

"So ist das nun mal. Es ist Fußball. Ich weiß, dass sie so spielt, also ist es in Ordnung. Ich habe mich in dem Moment geärgert, aber jetzt geht es mir gut", sagte Harder nach dem Stoß. Die beiden Skandinavierinnen sind seit mehr als zehn Jahren ein Paar, seit dem vergangenen Jahr verlobt. Doch auf dem Fußballplatz ruht die Liebe. Vor allem, wenn sie gegeneinander spielen. So wie nun auch bei der Europameisterschaft, wo die Däninnen gegen die Schwedinnen in der deutschen Gruppe C ihr Auftaktspiel bestreiten (4. Juli, 18 Uhr, ARD und im ntv.de-Liveticker). Harder ist Angreiferin, Eriksson Verteidigerin - da geraten sie schon mal aneinander.

Und sie sind nicht die Einzigen, die als Paar in die EM starten. Auch Englands Titelverteidigerin Beth Mead muss sich bereits in der Gruppe mit ihrer Partnerin duellieren (9. Juli, 18 Uhr/ZDF und im ntv.de-Liveticker). Vivianne Miedema spielt für die Niederlande, seit 2022 sind die beiden ein Paar. Mead sagt der BBC: "Als die Auslosung stattfand, saßen wir beide da und sagten: 'Natürlich ist das passiert!'"

Beide sind Europameisterinnen

Die beiden lernten sich als Teamkolleginnen beim FC Arsenal kennen. Während Mead immer noch bei den frisch gebackenen Champions-League-Siegerinnen spielt, bekam Miedema 2024 keinen neuen Vertrag angeboten, sie spielt seitdem für den Ligakonkurrenten Manchester City. Die beiden kennen also das Gefühl, gegeneinander antreten zu müssen. "Natürlich wollen wir, dass jeder gut abschneidet, aber nicht, wenn wir gegeneinander spielen", so Mead.

Und sie kennen auch beide das Gefühl, den EM-Titel zu gewinnen. 2017 war Miedema mit den Niederlanden erfolgreich, 2022 Mead mit England - jeweils bei Heim-Turnieren, jeweils mit Sarina Wiegman als Trainerin. Die WM 2023 verpassten beide verletzt, innerhalb eines Monates rissen sie sich Ende 2022 das Kreuzband. Nun sind sie zurück und müssen das Duell hinnehmen. "Wir bleiben in Kontakt, aber wenn unsere Spiele näher rücken, reden wir nicht mehr über Fußball", sagt Mead der BBC. Und betont: "Wir sind beide sehr, sehr wettbewerbsorientiert und professionell."

Deutsche Torhüterin Berger könnte auf Verlobte treffen

Das gilt auch für Deutschlands Nummer eins, Ann-Katrin Berger. Denn auch sie könnte betroffen sein. Nicht direkt in der Gruppe, aber möglicherweise bereits im Viertelfinale muss das DFB-Team gegen England ran. Und für die Three Lions spielt Bergers Verlobte Jessica Carter. Vor drei Jahren musste Berger auf der Bank mit ansehen, wie ihr DFB-Team das Finale der Europameisterschaft verlor und sollte sich gleichzeitig irgendwie für ihre Freundin freuen, die bei England aber auch nur Ergänzungsspielerin war. "Ich freue mich über ihren Erfolg", sagte Berger dem "Guardian" und auch Carter betonte: "Es gab eigentlich keine direkte Konkurrenz, weil wir beide sehr entspannte Menschen sind."

Die beiden haben schon unangenehmeres durchgestanden: Zweimal war Berger bereits an Schilddrüsenkrebs erkrankt, beide Male stand Carter ihr bei. Das erste Mal war ihre Liebe noch sehr jung, seit 2017 sind die beiden ein Paar, im November des Jahres gab es die Schockdiagnose das erste Mal. "Ich hatte Angst, dass es zu viel für Jess sein würde, aber sie hat mich sehr unterstützt", sagte Berger dem "Guardian". Als sich die Diagnose 2023 wiederholte, war Carter natürlich noch immer an ihrer Seite. Kennengelernt hatten sie sich als Teamkolleginnen bei Birmingham City, 2018 wechselte Carter zum FC Chelsea, Berger zog 2019 nach. 2024 gaben sie kurz hintereinander ihre Transfers zu New Jersey/New York Gotham FC in die USA bekannt. Im selben Sommer machte Berger ihrer Lebensgefährtin einen Heiratsantrag.

Harder und Eriksson sind Ikoninnen

Verlobt sind seit dem vergangenen Jahr auch Harder und Eriksson. Kennengelernt haben sich die beiden einst bei Linköpings FC, dann führten sie einige Jahre eine Fernbeziehung. 2017 war Eriksson zum FC Chelsea gewechselt, Harder ging nach Deutschland zum VfL Wolfsburg, wechselte aber 2020 nach London - 2023 kamen die beiden zusammen zum FC Bayern. Die beiden engagieren sich für Diversität und ein sicheres Umfeld für queere Personen in den Stadien sowie außerhalb.

Bei der WM 2019 sorgten die beiden unbeabsichtigt für großes Aufsehen: Ein Kuss ging um die Welt. Eriksson hatte mit Schweden im Achtelfinale Kanada besiegt, Harder war als Fan im Schweden-Trikot vor Ort. An der Bande zwischen Feld und Tribüne trafen sich die beiden zu einem Kuss, Fotografen verewigten den Moment. "Uns hat überrascht, wie notwendig solch ein Foto offenbar für den Fußball war", sagte Eriksson rückblickend der dpa. "Wir haben aber nach diesem besonderen Moment gemerkt, wie wichtig es ist, sichtbar zu sein, Dinge zu tun, die für uns selbstverständlich sind und stolz darauf zu sein."

Als Kapitäninnen ihrer Länder schreiben die beiden ihre Geschichte fort. "Ich war tatsächlich ein bisschen gerührt und stolz. Das ist ein Moment, von dem wir unseren Kindern und Enkelkindern erzählen können und den wir für den Rest unseres Lebens mitnehmen können", hatte Eriksson nach dem Nations-League-Aufeinandertreffen gesagt. Das gilt erst recht für ihr anstehendes EM-Duell.

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