Das Geschenk-Papier war letztlich schöner als das Geschenk selbst. Lionel Messi und Miami gegen Paris Saint-Germain - das hatte Klang. Doch das Achtelfinal-Duell der FIFA-Klub-WM wurde ein Langweiler - wenngleich ein lautstarker.
Plötzlich zuckten sie ihre Handys, all die Messis vor dem Stadion in Atlanta. Wie auf Kommando. Frauen, Männer, Mädchen und Jungen in pinken und schwarzen Messi-Trikots von Inter Miami oder in den weißen und himmelblauen Farben der argentinischen Nationalmannschaft. Sie alle griffen zu ihren Mobiltelefonen, als Miamis Mannschaftsbus, begleitet von einer Polizeieskorte, den Northside Drive entlang rollte und links in die Arena-Garage einbog.
Im Bus saßen Stars, genauer gesagt sind es in die Jahre gekommene Ex-Stars wie der 38-jährige Luis Suarez und die beiden 36 Jahre alten Jordi Alba und Sergio Busquets. Doch die waren nur Beiwerk, wie der Salat oder die Vorspeise bei einem Fünf-Gänge-Menü. Denn die Tausenden Fans hier am Sonntagvormittag in Atlanta hatten nur ein Objekt der Begierde: Sie alle wollten den Mann sehen, dessen Namen und Rückennummer sie auf ihren Trikots trugen: Lionel Andres Messi, ihr Fußball-Phänomen.
So hatte Infantino sich das erdacht
Messis Mannen aus der Major League Soccer trafen im Achtelfinale dieser FIFA-Klub-WM auf Paris Saint-Germain. Doch wer sich im Stadion umsah, erkannte schnell, dass Fußball zwar ein Mannschaftssport ist, es hier jedoch trotzdem nur um einen Protagonisten ging, den mittlerweile 38-jährigen Messi. Das Duell zwischen dem Rastelli aus Rosario und den gerade gekrönten Königen Europas war wohl in etwa das, was Gianni Infantino meinte, als der FIFA-Boss im Vorfeld dieses erstmals mit 32 Mannschaften ausgetragenen Turniers unermüdlich davon sprach, dass hier "die Besten gegen die Besten" spielen würden.
Doch PSG zeigte schnell, dass auch die Glanzzeit eines Messi vorbei ist. Mit 4:0 setzte sich der Champions-League-Sieger mühelos durch, hatte bereits in der ersten Halbzeit alle vier Tore erzielt. Dabei kombinierten Bradley Barcola, Fabian und Torschütze Joao Neves vor dem 2:0 so, wie einst Messi, Suarez und Busquets in ihren besten Tagen beim FC Barcelona.
Gigantische Kulisse am Mittag
Das Spiel war zwar einseitig und früh entschieden, doch es war endlich mal eine Partie dieser Klub-WM vor einer großen Kulisse. 65.574 Fans waren zur Mittagszeit in die 75.000 Zuschauer fassende Arena in Downtown Atlanta gekommen. Es war die bislang dritthöchste Zuschauerzahl bei diesem Turnier. Messi macht's möglich, auch im Spätherbst seiner grandiosen Karriere.
Die Zuschauerzahlen sind ein großes Thema der ersten beiden Turnierwochen gewesen. Infantino behauptete vor wenigen Tagen beim jüngsten Besuch im Weißen Haus gegenüber US-Präsident Donald Trump zwar, dass "alle Spiele ausverkauft" seien, was Trump mit Genugtuung registrierte. Doch er ist es mittlerweile gewohnt, keine Fakten mehr serviert zu bekommen, sondern lediglich mit geschönten Zahlen umschmeichelt zu werden, die ihn zufriedenstellen und die er hören will.
Die Realität war bislang eine andere. Die Realität erlebte Infantino beim letzten Gruppenspiel von Borussia Dortmund gegen HD Ulsan. Er war höchstpersönlich nach Cincinnati gereist, sah, wie lediglich 8239 Zuschauer ins Stadion kamen und die kleinste Arena dieses Turniers somit zu knapp zwei Dritteln leer blieb.
Südamerikaner prägen das Bild, Europa kaum vorhanden
Der Durchschnitt der 48 Vorrundenspiele lag bei 34.746 Fans, was einer Auslastung von 57 Prozent entspricht. Bei vielen TV-Übertragungen waren unbesetzte Plätze unübersehbar - zur Partie Ulsan HD gegen Mamelodi Sundowns verliefen sich sogar nur 3412 Zuschauer im Stadion in Orlando. Aber es kamen eben auch 80.619 Fans zum Spiel zwischen Paris Saint-Germain und Atlético Madrid in den Rose Bowl von Pasadena.
Ob es klug war, drei Viertel der Vorrunden-Partien in American-Football-Arenen austragen zu lassen, mit einer Kapazität von mehr als 60.000 Plätzen, ist im Nachhinein sicherlich fraglich. Andererseits wären 34.746 Fans in der Bundesliga-Saison 2024/25 der achtbeste Zuschauerschnitt gewesen, genau zwischen Werder Bremen (41.350) und dem SC Freiburg (34.153). Gar nicht so schlecht für einen Neuling.
Was auch auffällt: die Diskrepanz zwischen den Fans aus Südamerika und denen aus Europa. Während nur ganz wenige Anhänger des FC Bayern, vom BVB oder den Klubs aus England, Frankreich, Spanien, Italien und Portugal überhaupt angereist gereist sind, haben die - allerdings hauptsächlich in den USA lebenden - Fans von Palmeiras, Botafogo, Fluminense und Flamengo, sowie River Plate und Boca Juniors die Vorrunde mit ihrer Lautstärke und Leidenschaft geprägt.
Inter Miami als Geschenkpapier
In Nashville übernahmen 15.000 Boca-Fans komplett die Country-Bars am berühmten Broadway mitten in der Stadt. In Miami Beach sorgten die Brasilianer für Samba-Feeling am Ocean Drive. Als River Plate und Boca Juniors nach der Vorrunde die Rückreise an den Rio de la Plata antreten mussten, schrieb "The Athletic" sentimental: "Auf Wiedersehen, Argentinien. Die Klub-Weltmeisterschaft wird deine Fans vermissen".
Und nun ist mit Messi auch der argentinische Superstar nicht mehr dabei. Keine euphorischen und enthusiastischen "Messi, Messi"-Rufe mehr wie in Atlanta - egal, ob er am Ball war, ob er zum Freistoß antrat oder ob er einfach nur über den Rasen ging. "Messi, Messi!" Die Klub-WM hat ihren größten Magneten im Achtelfinale verloren. Messi wird fehlen - und mit ihm auch die Lautstärke und Leidenschaft seiner vielen nationalen und internationalen Fans. Sportlich gesehen ist das hingegen kein Verlust. Denn Miami und Messi hatten gegen PSG beim 0:4 nie eine Chance.
Das Geschenkpapier sah toll aus, war verlockend und machte neugierig. Doch es war letztlich auch weitaus besser als das eigentliche Geschenk.
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