Gegen seine Erfolge sind selbst Tadej Pogacar und Co. noch Anfänger: Eddie Merckx dominiert den Radsport wie nimand anderes. Seiner Berühmtheit tun nicht mal mehrere Dopingsperren einen Abbruch. Der populärste aller Belgier feiert nun seinen 80. Geburtstag.
Die Hüfte ist mittlerweile aus Plastik, einen Meter Darm haben sie ihm weggeschnibbelt, das Herz zickt - doch seinen Biss hat der Kannibale nicht verloren: Eddy Merckx poltert noch regelmäßig und multimedial über verweichlichte Radprofis und über langweilige Rennen, feiert aber Tadej Pogacar und Remco Evenepoel - weil sie ihm, dem Größten, eben ähnlich sind.
Am heutigen Dienstag wird der Allergrößte, der Sportgott Belgiens, 80 Jahre alt. Und Merckx ist beliebt wie eh und je. Auch, weil er zu allem und jedem eine Meinung hat. "Wenn mein Name verbleicht, ist das eben der Lauf der Zeit", schreibt Merckx im Nachwort einer gerade erschienenen Biografie (Guy Roger: Merckx - der Unerreichte): "Wenn man sich weiter erinnert, wäre das eine Form der Anerkennung."
Erinnern wird sich jeder, der in den vergangenen 60 Jahre auch nur ansatzweise mit Radsport in Berührung kam. Und den Nachgeborenen wird vom Ruf des Giganten aus Meensel-Kiezegem gesungen werden. Von einer schier atemberaubenden Erfolgsgeschichte.
Empfang beim König
"Ich bin der glücklichste Mensch der Welt mit meinen fünf Tour-Siegen, fünf Giro-Siegen, einer Vuelta, sämtlichen Klassikern und meinen Weltmeistertiteln sowie einem Stundenweltrekord", sagt Merckx. 525 Siege hat er in 18 Jahren gefeiert. Der erfolgreichste Fahrer der "Neuzeit", Mark Cavendish, kommt auf kein Drittel davon.
Und weil Merckx zwar auf dem Rad ein Kannibale war, aber auch ein zugänglicher feiner Sportsmann (und nicht wie der ebenfalls fünfmalige Tour-Champion Bernard Hinault im Wettkampf ein Dreckssack), lieben ihn die Belgier bis heute abgöttisch. Am Donnerstag empfing sogar Belgiens König Philippe das lebende Staatsdenkmal und gratulierte vorab. "Das macht mich sehr glücklich", sagte der Jubilar, "dabei sind meine Rennen doch schon so lange her." Aber sie wirken nach, beim König wie beim Volk.
2019 begann die Tour de France in Brüssel - zu Ehren Merckx', der 50 Jahre zuvor bei der Frankreich-Rundfahrt etwas nie dagewesenes erreicht hatte: Er gewann sechs Etappen, das Gelbe Trikot, Sprintertrikot, Bergwertung, Kombinationswertung, den Preis für den kämpferischsten Fahrer und die Teamwertung. Kannibalismus pur - den noch ein halbes Jahrhundert später Hunderttausende auf den Hauptstadtstraßen feierten. Dem Gefeierten war der Riesentrubel nicht unbedingt recht: "Manchmal ist es schwierig, hier in Belgien Eddy Merckx zu sein."
Mehrfache Doping-Sperren ändern nichts am Nimbus
Belgiens Merckx-Liebe ist so groß, dass dessen dunkle Seiten heute quasi keine Rolle spielen. 1969 wurde er unter dubiosen Umständen wegen Dopings vom Giro ausgeschlossen, die Sperre vor der folgenden Tour - richtig, die legendäre - aufgehoben. Weitere positive Tests folgten 1973 und 1977. Der Kannibale hat, das ist heute Konsens, mehr als Siege gefressen. Das aber passt nicht in die Heldenerzählung, kommt auch in Guy Rogers Biografie bestenfalls randthematisch-apologetisch vor.
Er habe "in genetischer Hinsicht von meinen Eltern und Großeltern etwas bekommen, das die anderen nicht haben", sagt Merckx dort. "Leidenschaft, Respekt, Bescheidenheit" seien zudem die Erfolgspfeiler der größten Karriere, die das Radfahren je gesehen hat.
Merckx' Name wird nicht verbleichen. Alle titanischen Radsport-Leistungen werden weiterhin am Kannibalen gemessen. Und dieser, ansonsten mit allem fein, grämt sich nur, dass er den Vergleich mit Pogacar oder Evenepoel nicht auf der Straße austragen konnte. "Zu gerne", sagte er zum 80. der Nachrichtenagentur AFP, "wäre ich gegen die heutige Generation angetreten."
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