Eine Welt ohne Rechenzentren ist inzwischen undenkbar geworden. In solch riesigen Gebäuden voller Hochleistungscomputer, die aufwändig gewartet und gekühlt werden, findet vieles davon statt, was wir im Internet tun. Wer eine Webseite ansteuert, ruft sie von einem dieser Server ab. Wer etwas im Internet sucht, löst damit eine Suche auf solchen Rechnern aus. Und wer etwas in der Cloud speichert, lädt die Daten faktisch auf einen Server eines Rechenzentrums hoch.

Seit der Verbreitung von Anwendungen von Tools mit künstlicher Intelligenz wie ChatGPT ist die Nachfrage nach Rechenleistung nochmals gestiegen. KI benötigt ein Vielfaches an Rechenleistung und ist nicht nur bei der privaten Nutzung immer beliebter. Viele Unternehmen setzen inzwischen auf KI für Datenanalysen, Trendprognosen, personalisierte Empfehlungen oder Werbung. Firmen können sich in Rechenzentren einmieten und dort einen Teil der Server benutzen. Immer mehr tun das in der Schweiz, darunter auch Google, Amazon und Microsoft. Microsoft hat eben erst angekündigt, 400 Mio. US-Dollar in Schweizer Rechenzentren zu investieren, für Cloud und KI.

Bis zu 15 Prozent des Stroms bis 2030

Diese Entwicklungen haben erhebliche Auswirkungen auf unsere Landschaft und Energieinfrastruktur. Laut einer Studie der Hochschule Luzern im Auftrag des Bundesamts für Energie verbrauchten Rechenzentren in der Schweiz im Jahr 2019 rund 2.1 Terawattstunden Strom, etwa 3.6 Prozent des Landesverbrauchs. Adrian Altenburger, Studienautor und Professor an der Hochschule Luzern, schätzt gegenüber SRF, dass ihr Anteil heute bereits bei sechs bis acht  Prozent liegt und – bei künftig landesweit konstantem Stromverbrauch – bis 2030 auf bis zu 15 Prozent anwachsen könnte. Das wäre mehr als der gesamte Kanton Zürich im Jahr 2023 verbrauchte.

Trotz des Drucks durch neue Stromfresser – eine Netzüberlastung droht derzeit nicht. Adrian Altenburger von der Hochschule Luzern sagt: «Trotz der regionalen Dichte an energieintensiven Rechenzentren ist die Schweiz noch nicht an einem Punkt, an dem der Bau neuer Rechenzentren eingeschränkt werden müsste.» Die Stromnetze seien insbesondere in städtischen Gebieten gut ausgebaut. Herausfordernder könne es jedoch in abgelegenen Regionen werden, wo die Netzinfrastruktur noch nicht in gleichem Masse entwickelt ist. Trotzdem: Ein Szenario wie im Grossraum Dublin, wo ein Moratorium für neue Rechenzentren bis 2028 verhängt wurde, kann Altenburger für die Zukunft nicht ausschliessen. Irlands Rechenzentren verbrauchten im Jahr 2023 fast 21 Prozent des gesamten irischen Stroms.

Der Ruf der Schweiz für strengen Datenschutz, ihre politische Stabilität, die Verfügbarkeit grüner Energie, ein tiefes Erdbebenrisiko und Zürich als aufstrebender KI-Hub tragen dazu bei, dass die Schweiz in Europa inzwischen eine der höchsten Dichten an Rechenzentren pro Kopf aufweist. Seit 2017 rückte das Land mit der steigenden Nachfrage nach Rechenzentren zunehmend in den Fokus internationaler Investoren. Die SRF-Analyse zeigt: Der Einstieg kapitalkräftiger Investoren hat den Markt verändert. Rechenzentren in der Schweiz werden immer grösser und leistungsfähiger. Inzwischen sind mindestens 15 Rechenzentren mit einer Fläche grösser als ein Fussballfeld (0.7 Hektaren) entweder bereits in Betrieb oder in Planung – die meisten von ihnen in den Händen grosser US-amerikanischer Firmen wie Vantage DC oder Stack Infrastructures.

Der Boom hiesiger Rechenzentren hat viele Vorteile, wie etwa der verbesserte Datenschutz oder dass Internetdienste für die Schweizer Bevölkerung schneller werden. Doch aktuelle Beispiele zeigen: Der Bau neuer Rechenzentren bringt auch Probleme und Konfliktpotenzial mit sich.

Erhöhte Wassernutzung

Zum Beispiel Beringen: Im Jahr 2026 soll im Schaffhauser Dorf eines der leistungsstärksten Rechenzentren der Schweiz eröffnet werden. Es wird so viel Strom brauchen, wie drei Viertel dessen, was der ganze Kanton Schaffhausen im Jahr 2022 verbrauchte. Um den Strombedarf des Rechenzentrums decken zu können, sieht sich das Elektrizitätswerk des Kanton Schaffhausens gezwungen, ein neues Unterwerk zu bauen, finanziert durch den Betreiber.

Legende: ZUR02 Campus in Beringen (SH) Das Rechenzentrum des US-amerikanischen Unternehmens Stack Infrastructures soll künftig eine Leistung von 36 Megawatt erreichen. Google Earth

Doch Rechenzentren verschlingen nicht nur Unmengen von Strom, sie benötigen oft auch viel Wasser, um die heisslaufenden Serverfarmen kühlen zu können. In Beringen bewilligte der Gemeinderat eine Menge von immerhin 55’000 Kubikmetern oder 110 gefüllten Swimmingpools pro Jahr. Ob das reicht, hängt aber von den klimatischen Bedingungen vor Ort ab. Wenn es im Sommer zu heiss wird, bräuchte es mehr Kühlwasser. Im Fall einer längeren Trockenperiode und einer damit einhergehenden Wasserknappheit müsste auf das Grundwasser oder auf die Wasserversorgung aus Nachbargemeinden zurückgegriffen werden, um den Betrieb des Rechenzentrums sicherzustellen. Oft werden Rechenzentren mit aufbereitetem Trinkwasser gekühlt, obwohl auch Grauwasser oder Seewasser möglich wären.

Verschwendete Abwärme

Ein weiterer Konfliktpunkt ist, dass oft keine Lösung für die Abwärme gefunden wird, die durch den Betrieb eines Rechenzentrums entsteht. In Beringen wurde der Bau bewilligt, bevor klar war, wie die Abwärme genutzt werden kann. Eine Studie zeigte später: Nur dreissig Prozent der Abwärme hätte lokal verwendet werden können. Nun könnte ein Speichersee überschüssige Wärme für den Winter speichern und auch die Stadt Schaffhausen soll Abnehmerin werden.

Der Fall Beringen zeigt: Rechenzentren könnten mit ihrer Abwärme einen Beitrag zur Energie-Lösung leisten, doch die Umsetzung gestaltet sich oft schwierig, da die Abwärmenutzung häufig erst nach der Baubewilligung ausgearbeitet wird.

Ähnlich ist es auch in Winterthur, wo derzeit vier Rechenzentren von insgesamt 40 Megawatt Leistung gebaut werden. Gehen sie ans Netz, wird der Stromverbrauch Winterthurs um rund fünfzig Prozent ansteigen. Die Rechenzentren sind nachhaltig konzipiert – mit Solardächern, effizienter Kühlung und minimalem Wasserverbrauch. Und: Sie planen, die Unmengen an Abwärme, die sie produzieren, ins Fernwärmenetz zu speisen.

Bloss: 700 Meter weiter steht die Kehrichtverwertungsanlage des Stadtwerks Winterthur, das rund zwanzig Prozent des Wärmebedarfs der Stadt abdeckt. Die Abwärme der Rechenzentren würde hier ein Netz beliefern, das schon beliefert wird. Nun will Winterthur sein Netz ausbauen und die Server-Abwärme zumindest an besonders wärmeintensiven Tagen im Winter nutzen.

Legende: ZRH1 Data Center Campus in Winterthur Die vier Rechenzentren des US-amerikanischen Unternehmens Vantage (rot) sollen 40 MW leisten. Für die Nutzung der Abwärme muss jedoch erst das Fernwärmenetz ausgebaut werden, da das umliegende Gebiet bereits durch die Kehrichtverbrennungsanlage (blau) versorgt wird. Google Earth, Airbus

Im Kanton Zürich werden die Betreiber von Rechenzentren seit 2023 durch das Energiegesetz zur Bereitstellung von Abwärme verpflichtet. Doch auch wenn die Abwärme genutzt werden kann, fehlt es an langfristiger Planungssicherheit, wenn Rechenzentren als Wärmeversorger eingeplant werden. Im Unterschied zu Kehrichtverbrennungsanlagen, die kontinuierlich und langfristig Wärme liefern, sind private Rechenzentren an wirtschaftliche Faktoren gebunden. Die Nutzung ihrer Abwärme hängt unter anderem von der Verlängerung zeitlich befristeter Mietverträge und einer stabilen Nachfrageentwicklung ab. Der kürzliche Rückzug von Microsoft aus mehreren geplanten Rechenzentrumsprojekten verdeutlicht, wie stark solche Projekte einer Unsicherheit unterliegen, insbesondere durch die sich verändernden Prognosen zur Nachfrage im Bereich Künstliche Intelligenz.

Wenn der eine Ausbau den anderen bremst

Rechenzentren sind das Rückgrat unserer digitalisierten Welt, doch sie bringen auch grosse Umweltkosten mit sich. Neben dem hohen Strom- und Wasserverbrauch verstecken sich zusätzliche Emissionen in der Herstellung und im Betrieb der Hardware: Server und Chips müssen aufgrund der hohen Belastung häufiger ersetzt werden, was erhebliche Mengen an Rohstoffen und grauer Energie erfordert. Der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz verschärft den Energiebedarf zusätzlich.

Angela Müller, Geschäftsleiterin der NGO Algorithmwatch Schweiz, plädiert dafür, KI bewusst einzusetzen, statt gedankenlos überall da, wo es technisch möglich sei: «Es gibt spannende KI-Anwendungen, die uns tatsächlich dabei helfen können, ökologische Herausforderungen zu bewältigen. KI-Systeme, die in Zahnbürsten eingebaut werden oder unsere E-Mails schreiben, haben damit aber relativ wenig zu tun.» Müller plädiert für verantwortungsvollen Konsum. Gleichzeitig solle man «diese Firmen zur Verantwortung ziehen, damit sie den Ressourcenverbrauch ihrer KI-Lieferketten transparent machen und nachhaltiger gestalten».

Die Umweltkosten sind auch den Betreibern von den Rechenzentren bewusst. Deshalb sind viele Betreiber in der Schweiz bemüht, ihre Rechenzentren mit hundert Prozent erneuerbarer Energien zu betreiben. Doch der Energiebedarf der Rechenzentren beansprucht dabei einen grossen Anteil des geplanten Ausbaus an erneuerbarer Energien. Geht man von der Prognose aus, dass Rechenzentren bis 2030 rund 15 Prozent des Schweizer Stroms ausmachen könnten, könnten die neu geplanten Rechenzentren in der Schweiz bis zu 1850 Gigawattstunden mehr Strom verbrauchen, als gemäss geltendem Energiegesetz an erneuerbaren Energien ausgebaut werden sollen.

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