Neue Analysen von Abwasserkanälen aus dem römischen Kastell Vindolanda nahe dem Hadrianswall in England zeigen, dass die dort stationierten Soldaten von drei Arten von Darmparasiten befallen waren. Nach Angaben eines internationalen Forschungsteams litten die Bewohner unter Spulwürmern, Peitschenwürmern und Giardia duodenalis. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Parasitology“ veröffentlicht.
Die Parasiten werden durch mangelhafte Hygiene verbreitet, etwa über mit menschlichen Fäkalien verunreinigte Nahrung, Getränke oder Hände. Spulwürmer erreichen eine Länge von 20 bis 30 Zentimetern, Peitschenwürmer etwa fünf Zentimeter. Giardia duodenalis ist ein mikroskopisch kleiner Einzeller, der schwere Durchfallerkrankungen auslösen kann. Es handelt sich um den ersten Nachweis dieses Parasiten im römischen Britannien.
Vindolanda liegt in Northumberland zwischen Carlisle und Corbridge und war Teil des römischen Grenzsystems am Hadrianswall, der im frühen zweiten Jahrhundert nach Christus errichtet und bis ins späte vierte Jahrhundert genutzt wurde. Das Kastell ist vor allem für außergewöhnlich gut erhaltene Funde bekannt, darunter hölzerne Schreibtafeln und römische Lederschuhe.
Untersucht wurde Sediment aus einem knapp neun Meter langen Abwasserkanal, der von einer Gemeinschaftslatrine eines Badehauses aus dem dritten Jahrhundert nach Christus zu einem Bach nördlich der Anlage führte. Insgesamt wurden 50 Proben entnommen und an den Universitäten Cambridge und Oxford mikroskopisch analysiert. In 28 Prozent der Proben fanden sich Eier von Spul- oder Peitschenwürmern. Eine Probe enthielt beide Arten und wurde zusätzlich mit einer biomolekularen Methode untersucht, wodurch Giardia duodenalis nachgewiesen wurde.
Zudem analysierte das Team eine Probe aus einem älteren Kastell des ersten Jahrhunderts nach Christus, das um das Jahr 85 nach Christus errichtet und bereits ab 91 nach Christus aufgegeben worden war. Auch dort fanden sich Spul- und Peitschenwürmer.
Ärzte konnten Infektionen kaum behandeln
„Die drei Arten von Parasiten, die wir gefunden haben, könnten bei einigen römischen Soldaten zu Mangelernährung und Durchfall geführt haben“, sagt Studienleiterin Marissa Ledger von der Universität Cambridge. „Zwar wussten die Römer von Darmwürmern, doch ihre Ärzte konnten die Infektionen kaum behandeln, sodass die Symptome anhielten und sich verschlimmerten.“ Laut der Bioarchäologin dürften diese chronischen Erkrankungen die Soldaten geschwächt und ihre Einsatzfähigkeit reduziert haben.
Piers Mitchell vom McDonald Institute for Archaeological Research in Cambridge, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, erklärt: „Einige Soldaten könnten während sommerlicher Giardia-Ausbrüche schwer erkrankt sein, etwa durch Dehydrierung.“ Eine unbehandelte Durchfallerkrankung des Dünndarms könne sich über mehrere Wochen hinziehen und zu extremer Erschöpfung und starkem Gewichtsverlust führen. Zudem deute der Nachweis fäkal-oral übertragener Parasiten darauf hin, dass auch andere Krankheitserreger wie Salmonellen oder Shigellen verbreitet gewesen sein könnten, so Mitchell weiter.
Ähnliche Befunde seien von anderen römischen Militärstandorten bekannt, etwa aus Carnuntum in Österreich, Valkenburg in den Niederlanden und Bearsden in Schottland. In Städten wie London oder York sei das Parasitenspektrum dagegen vielfältiger gewesen und habe auch Fisch- und Fleischbandwürmer umfasst.
„Trotz Gemeinschaftslatrinen und eines Abwassersystems schützte dies die Soldaten nicht davor, sich gegenseitig mit Parasiten anzustecken“, sagt Patrik Flammer von der Universität Oxford, der die Proben mit analysiert hat. Der Studienleiter in Oxford Adrian Smith fügt hinzu: „Die Untersuchung antiker Parasiten hilft uns zu verstehen, welche Krankheitserreger unsere Vorfahren infizierten, wie sie mit dem Lebensstil zusammenhingen und wie sie sich im Laufe der Zeit veränderten.“
Die Funde zeigten, welchen Belastungen die Menschen an dieser nordwestlichen Grenze des Römischen Reiches vor fast 2000 Jahren ausgesetzt waren, betont der Leiter der Ausgrabungen Andrew Birley. Die neue Studie legt nahe, dass auch schwere Magen-Darm-Erkrankungen zu den alltäglichen Qualen der Soldaten gehörten.
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