Vitamin D gilt als eines der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel hierzulande. Doch laut Warentest ist die Einnahme oft Geldverschwendung – oder sogar schlimmer.

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Der Nutzen der zusätzlichen Einnahme von Vitaminen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln bleibt eine Glaubensfrage. Bestenfalls. Ansonsten ist sie ein Politikum. Von den einen als nutzlos und sogar gefährlich abgetan, werden sie von anderen für unverzichtbar für ein gesundes Leben gehalten. Klar ist, der Mensch braucht Vitamine. Werden ihm diese über längere Zeit versagt, stirbt er. Darüber besteht Einigkeit. Nicht aber über die Menge und Form der zuzuführenden Stoffe. Eigentlich unvorstellbar in einer ansonsten gefühlt nahezu entschlüsselten und vermessenen Welt.

Zu jenen, die die zusätzliche Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln im Normalfall als absolut entbehrlich erachten, gehört auch die Stiftung Warentest. Fällt sie doch in ihrer jüngsten Untersuchung ein wenig gutes Urteil über 25 frei verkäufliche Vitamin-D-Präparate zu Preisen zwischen 2 und 28 Euro.

Geprüft wurden Wirkstoffgehalte und ob die Anbieter wissenschaftlich empfohlene Höchstmengen einhalten. "Die meisten Mittel im Test sind überdosiert. 13 bewerten wir als wenig geeignet, um Vitamin-D-Mangel vorzubeugen, fünf weitere als nicht geeignet. Von diesen fünf Mitteln raten wir ab", erklärt Tim Quinders, Pharmazeut und Projektleiter bei Stiftung Warentest. Im schlimmsten Fall können sie langfristig zu Nierenschäden führen. Lediglich zwei Präparate wurden für empfehlenswert befunden: "Vitamin D compact" von GSE (Tagesdosis: 200 i.E.) und der Saft "Vital Vitamin D" von Rotkäppchen (Tagesdosis: 400 i.E.). Denn laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sollten höchstens 20 Mikrogramm beziehungsweise 800 internationale Einheiten (i.E.) Vitamin D am Tag über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden.

Risikogruppen können profitieren von zusätzlichem Vitamin D

Für den Test wurden auch Studien zu Nutzen und Risiken gesichtet. Demnach profitieren gesunde Menschen mit ausreichender Versorgung nicht von einer Vitamin-D-Einnahme. Es ist nicht ausreichend belegt, dass sich damit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs vorbeugen lässt. Vor Atemwegsinfekten schützt Vitamin D höchstens in geringem Maß.

Werte von weniger als 30 Nanomol pro Liter (entspricht 12 ng/ml) weisen auf eine mangelhafte Vitamin-D-Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Knochenerweichung und Osteoporose hin. Bei 30 bis unter 50 Nanomol pro Liter (entspricht 12-20 ng/ml) gilt die Vitamin-D-Versorgung als suboptimal – Folgen für die Knochengesundheit sind möglich. Ab 50 Nanomol pro Liter (entspricht 20 ng/mL) ist der Vitamin-D-Status in Ordnung. Viele Arztpraxen bieten das Bestimmen des Vitamin-D-Spiegels als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) an. Besteht der Verdacht eines Vitamin D-Mangels, ist die Messung eine Kassenleistung.

Profitieren könnten laut der Tester aber immerhin Risikogruppen, wie bettlägerige Personen oder Menschen, die sich komplett verschleiern. Oder auch über 65-Jährige mit Adipositas, Menschen mit dunkler Hautfarbe oder Personen mit bestimmten Erkrankungen, etwa chronischen Erkrankungen von Nebenschilddrüse, Niere oder Magen-Darm-Trakt. Für sie kann eine niedrige Dosis Vitamin D (maximal 800 Internationale Einheiten täglich) insbesondere von Oktober bis März sinnvoll sein. Höhere Dosierungen und Depotpräparate sollten nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.

Depot-Präparate, bei denen eine hohe Dosis einmal pro Woche eingenommen wird, sind problematisch, da mit ihnen unter anderem die Gefahr einer versehentlichen Überdosierung viel höher ist. Kombi-Präparate mit Vitamin K, Magnesium, Zink oder Selen fallen durch. Ein Nutzen der Kombinationen ist nicht belegt, teils sind diese zusätzlichen Vitamine und Mineralstoffe überdosiert. Die meisten Menschen sind zudem ausreichend mit ihnen versorgt, behauptet Warentest.

Wie viel ist zu viel?

Abgesehen davon, dass auch Vitamingurus in der Regel von hochdosierten Einzelvitamingaben abraten, ist klar, dass sich auch Warentest an Richtwerten orientieren muss. Und sie befindet, dass in Deutschland eine Unterversorgung an Vitaminen bei gesunden Menschen und abwechslungsreicher Ernährung sehr selten sei. Mag sein. Aber wer kann schon für sich in Anspruch nehmen, sich konsequent gesund zu ernähren und auch ansonsten einen vorbildlichen Lebensstil zu pflegen?

Noch dazu beurteilen unterschiedliche Stellen die Sicherheit von Vitaminen höchst unterschiedlich. So "erlaubt" das europäische Pendant zum BfR, die European Food Safety Authority (EFSA), viel höhere Mengen der meisten einzelnen Stoffe. Und auch in den USA sieht man die Sache entspannter. Gibt es hier doch auch ganze Supermärkte nur für Nahrungsergänzungsmittel – und auch ein nationales Vergiftungszentrum (NPDS). Welches jährlich unter anderem darüber berichtet, wie viele Vergiftungen es durch die zusätzliche Einnahme von Vitaminen gibt. Und meist eben nichts zu melden hat. Es kommt so gut wie nie zu einer einzigen akut mit Vitaminen in Verbindung gebrachten Erkrankung.

Also, wie viel ist nun zu viel? Darüber wird gestritten und orakelt und das kann auch an dieser Stelle nicht mit gutem Gewissen beantwortet werden. Genauso wenig, wie die mehr als unübersichtliche und teilweise widersprüchliche Studienlage zu Nutzen oder Risiken von zusätzlichen Vitamingaben herangezogen werden kann. Dementsprechend soll hier keineswegs zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ermuntert werden.

Nur eine Messung hilft weiter

Einzig klar ist, dass nur eine individuelle Blutuntersuchung Gewissheit darüber bringt, ob es von dem einen oder anderen Vitamin etwas mehr sein dürfte – oder eben etwas weniger. Zumindest, um die Risiken einer Vergiftung oder eines Mangels auszuschließen. Denn auch darüber, wie hoch oder niedrig die entsprechenden Blutwerte zu sein haben, um gesund zu bleiben oder zu werden, herrscht Uneinigkeit. Nicht zuletzt deshalb, weil auch bei vielen Studien nicht gemessen wird, sondern die Angaben der Probanden ungeprüft übernommen werden. Gelegentlich kommt es dann auch noch bei der medialen Auswertung solcher Studien zu Vereinfachungen, Übersetzungsfehlern oder gar Fehlinterpretationen. Da fallen dann seriöse Aussagen über Nutzen und Risiken von Vitaminen schwer.

Dem interessierten Verbraucher bleibt also nur die Messung und sich auf sein Körpergefühl zu verlassen. Aber Vorsicht, bei Letzterem droht der Placebo-Effekt das Ergebnis zu verfälschen. Schwieriges Leben. Letzter Ausweg – die eigene Recherche, um sich selbst ein Bild zu machen. Und entsprechende positive wie negative Berichterstattung zu glauben oder eben nicht. Aber wer glaubt, der weiß nicht. Und beklagenswerterweise wird dies wohl auch noch eine lange Weile so bleiben.

NTV.de / awi / anb

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