Wenn die Nase läuft und die Glieder schmerzen, fühlt man sich oft nicht in der Stimmung, Leute zu treffen. Ein bestimmter Botenstoff verdirbt uns gezielt die Lust auf Sozialkontakte, wie Forscher bei Versuchen mit Mäusen herausgefunden haben. Biologisch betrachtet macht das Sinn: Es schützt unsere Gemeinschaft vor Ansteckung und bremst unsere Aktivität zugunsten gesundheitsfördernder Erholung.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass soziale Isolation nach einer Immunherausforderung selbst auferlegt ist und durch einen aktiven neuronalen Prozess gesteuert wird, anstatt eine sekundäre Folge physiologischer Krankheitssymptome wie Lethargie zu sein“, erklärte Mitautorin Gloria Choi vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Soziale Interaktionen bilden die Grundlage tierischer und menschlicher Gesellschaften und sind essenziell für das Überleben und Wohlbefinden, wie das Team um Liu Yang vom MIT erläutert. Die Vorteile gingen jedoch mit einem erhöhten Risiko für Ansteckungen einher.
Evolutionär sei es daher sinnvoll gewesen, in Gruppen lebende Tiere bei Erkrankung einzelgängerischer werden zu lassen. Im gesamten Tierreich führen Infektionen demnach häufig zu sozialem Rückzug. „Es ist jedoch weitgehend unerforscht, ob sozialer Rückzug auf selbst gewählter Isolation des erkrankten Individuums oder auf Vermeidung durch gesunde Artgenossen beruht und wie solche Verhaltensanpassungen vom Nervensystem gesteuert werden.“
Kranke ziehen sich zurück
Die Forscher testeten für 21 sogenannte Zytokine bei Mäusen, ob ihr Verabreichen sozialen Rückzug auslöste. Zytokine sind kleine Proteine, die als Botenstoffe des Immunsystems wirken. Nur die Injektion von Interleukin-1 beta (IL-1β) führte zu einem Rückzugsverhalten vergleichbar dem bei einer Infektion. Das Molekül veranlasse Neuronen in einem bestimmten Gehirnkreislauf dazu, das Sozialverhalten zu unterbinden.
IL-1β wird in frühen Infektionsstadien rasch hochreguliert und spielt eine Schlüsselrolle bei der Koordination der Wirtsabwehr, wie es in der Studie heißt. Es wirkt auf Zellen, wenn es sich an den IL-1-Rezeptor 1 (IL-1R1) bindet. Das Team suchte daher im Gehirn nach Stellen, an denen dieser Rezeptor gebildet wird. Mehrere solche Regionen wurden identifiziert und einzelne Neuronen in jeder dieser Regionen untersucht.
Als besonders interessant stufte das Team den dorsalen Raphekern (Nucleus raphe dorsalis, DRN) ein, der generell das Sozialverhalten moduliert und reichlich mit Zytokinen in Kontakt kommt. Experimente identifizierten DRN-Neuronen, die IL-1R1 bilden, darunter viele, die an der Produktion des wichtigen neuromodulatorischen Botenstoffs Serotonin beteiligt sind.
Anschließend zeigten die Forscher, dass IL-1β diese Neuronen aktiviert und diese Aktivierung den sozialen Rückzug fördert. Eine Hemmung der neuronalen Aktivität wiederum verhinderte den sozialen Rückzug mit IL-1β behandelter Mäuse. Ein Ausschalten des IL-1R1-Rezeptors in den DRN-Neuronen hatte ebenfalls diesen Effekt. Die krankheitstypische Lethargie wurde jeweils nicht beeinflusst.
Weitere Tests unter anderem mit Salmonellen-infizierten Mäusen folgten. In der Summe deuten die Daten darauf hin, dass IL-1R1-DRN-Neuronen die zentralen Regulatoren des Krankheitszustands sein könnten, schließen die Forscher im Fachjournal „Cell“. Noch sei aber unklar, inwieweit die Neuronen auch andere krankheitstypische Verhaltensweisen beeinflussen.
Generell bestehe eine enge Verbindung zwischen dem Nervensystem, das das Verhalten reguliert, und dem Immunsystem, das Krankheitserreger erkennt und bei Infektionen Schutzreaktionen auslöst, erläutern die Forscher. Zytokine fungierten offenbar als molekulare Verbindung zwischen Immun- und Nervensystem.
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