Botschaft an die Götter, Verteidigungsanlage oder schlicht ein unerklärliches Mysterium? Das „Band der Löcher“ im Süden von Peru zählt zu den rätselhaftesten Phänomenen der Erde. Unweit der Küste zieht sich im Tal des Rio Pisco eine Art Lochstreifenband aus mehr als 5000 angeordneten Erdlöchern kilometerweit über einen Bergkamm.

In der Vergangenheit spekulierten Forscher, die Anlage könnte zum Sammeln von Wasser gedient haben, zur Verteidigung, zum Anbau von Pflanzen, für Bergbau oder für Bestattungen. Nach einer systematischen Analyse schließt ein internationales Forschungsteam um den Archäologen Jacob Bongers von der University of Sydney und Charles Stanish von der University of South Florida in Tampa all diese Vermutungen im Fachjournal „Antiquity“ aus.

Die Anlage liegt etwa 35 Kilometer von der Pazifikküste entfernt am Fuß der Anden am Monte Sierpe – übersetzt Schlangenberg. Das Band ist 1,5 Kilometer lang, etwa 20 Meter breit und enthält etwa 5200 präzise angeordnete Löcher. Die Vertiefungen sind ein bis zwei Meter breit und einen halben bis einen Meter tief. Aus der Luft betrachtet fällt auf, dass das Band gut 60 Segmente enthält, die leicht voneinander abgegrenzt und unterschiedlich groß sind. Eines enthält etwa neun Reihen mit jeweils acht Löchern, ein benachbartes sechs Reihen mit jeweils sieben Löchern.

Zusätzlich analysierte das Team Bodenproben aus den Löchern auf Rückstände von Pflanzenpollen: Am prominentesten waren Spuren von Mais, der im fruchtbaren Pisco-Tal schon vor der Ankunft der Europäer im 16. Jahrhundert kultiviert wurde.

Auffällig waren auch Rückstände der Weidenart Salix humboldtiana, die an der Küste wächst. Ihre Zweige seien dafür genutzt worden, Körbe zu flechten und Kulturpflanzen darin zu transportieren oder zu lagern, schreibt das Team im Fachblatt „Antiquity“. Spuren von Rohrkolbengewächsen (Typha) deuten darauf hin, dass Löcher möglicherweise damit ausgekleidet waren.

Löcher wohl zur Warenlagerung benutzt

Daher geht die Gruppe davon aus, dass Monte Sierpe anfangs – zur Zeit des Chincha-Reiches (etwa 1000 bis 1400 nach Christus) – als Marktplatz zum Tausch von Handelsgütern diente. Dies sei möglicherweise mit gemeinschaftlichen rituellen Feiern verbunden gewesen.

Als das Gebiet nach dem Jahr 1400 an die Inkas fiel, wurden die Löcher demnach vermutlich dazu genutzt, Tribute und Waren aus der Region für die Inka zu verwalten. Dafür sprechen aus Sicht der Autoren neben Keramikscherben auch Funde in einem nahegelegenen Inka-Verwaltungszentrum von sogenannten Khipus – also systematisch aneinandergereihten Schnüren mit Knoten. Diese Knotenschrift wurde in Südamerika zur Buchhaltung und zur Erfassung von Lagerbeständen genutzt.

Für diese Erklärung spricht auch die Lage von Monte Sierpe: Das Band der Löcher liegt am Kreuz zweier Handelsrouten, die in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung verlaufen. „Monte Sierpe könnte ein Ort gewesen sein, wo verschiedene Gruppen Waren lagerten“, schreibt die Gruppe. Die verschiedenen Segmente könnten einzelnen sozialen oder verwandtschaftlichen Gruppen vorbehalten gewesen sein.

Andere Erklärungsansätze schließt die Gruppe aus. Das Sammeln von Regenwasser sei in der niederschlagsarmen Region unwahrscheinlich – umso mehr, als der nahegelegene Fluss Pisco ausreichend Flüssigkeit biete. Auch die Nutzung als Verteidigungsanlage schließt die Gruppe aus, zumal keine Hinweise auf Waffen gefunden wurden. Indizien für Bergbau oder Gräber fehlen ebenfalls völlig.

Südlich der Region liegen übrigens die weltberühmten Nazca-Geoglyphen mit hunderten Scharrbildern. Diese Nazca-Linien wurden vor etwa 2000 Jahren in den Boden gescharrt und zeigen unter anderem Menschen, Affen, Vögel, Wale und Spinnen. Sie dienten vermutlich rituellen Zwecken und wurden 1994 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.

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