In manchen Dingen ist der Mensch in jungen Jahren am besten. Profisportler erreichen ihre Höchstform meist in den Zwanzigern. Und auch bei Aufgaben, die das logische Denken beanspruchen, wie etwa bei mathematischen Problemstellungen, meistert das Gehirn sie in dieser Altersspanne am besten.

Ab dem 30. Lebensjahr jedoch verändert sich das Gehirn. Es verliert an Volumen und einige Fähigkeiten werden schwächer – darunter das Denkvermögen und die Anpassungsfähigkeit. Das klingt nach einem starken Verfall. Doch andere Fähigkeiten entwickeln sich mit den Jahren dagegen noch deutlich weiter.

Das fanden Forscher einer Studie der University of Western Australia und der University of Warsaw kürzlich heraus. Sie untersuchten, wie sich bestimmte psychische Fähigkeiten im Laufe des Lebens veränderten – und wann der Mensch am leistungsfähigsten ist. Dazu bewerteten die Forscher die psychischen Fähigkeiten von rund 5000 Menschen.

Die Forscher definieren die gesamten psychischen Fähigkeiten als eine Kombination aus neun Funktionen: Sie bestimmen gemeinsam, wie leistungsfähig und anpassungsfähig ein Mensch über die Lebensspanne ist. Zu den Funktionen gehören unter anderem das Denkvermögen, die Gedächtnisspanne, Verarbeitungsgeschwindigkeit und kristalline Fähigkeiten – also etwa der Wortschatz und die Ausdrucksfähigkeit.

Wann sind Menschen am leistungsfähigsten?

Die Studie deutet darauf hin, dass die allgemeine Funktionsfähigkeit in der späten Lebensmitte, etwa im Alter zwischen 55 und 60 Jahren, ihren Höhepunkt erreicht. Fähigkeiten wie Wortschatz, emotionale Stabilität und Finanzkompetenz verbessern sich bis ins mittlere oder spätere Erwachsenenalter.

Einige Merkmale jedoch – Denkvermögen, Gedächtnis und kognitive Flexibilität – nehmen mit dem Alter stetig ab. Merkmale wie Gewissenhaftigkeit, emotionale Intelligenz und moralisches Denken folgen einer umgekehrten U-Form und erreichen in der Lebensmitte ihren Höhepunkt, bevor sie wieder abnehmen.

Die Forscher wollen eine Erklärung dafür gefunden haben, warum so viele Menschen erst in der Lebensmitte Führungsverantwortung übernehmen. Ihrer Ansicht nach erreichen psychologische Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, emotionale Stabilität und Entscheidungsstärke in diesem Alter ihren Höhepunkt – genau jene Eigenschaften also, die in verantwortungsvollen Positionen gefragt sind.

Entsprechend fällt auch der berufliche Höhepunkt vieler Menschen in diese Phase: Zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr erzielen sie im Durchschnitt ihre größten beruflichen Erfolge, das höchste Einkommen und das größte Ansehen. Auch Spitzenpolitiker werden am häufigsten zwischen Mitte 50 und Anfang 60 gewählt.

Kritik an Richtern auf Lebenszeit

Die Studie zeigt außerdem, dass ältere Menschen Stärken zwar verbessern, ab dem 65. Lebensjahr aber dennoch ein deutlicher Rückgang im Hinblick auf alle neun Dimensionen der kognitiven Persönlichkeitsfunktion zu erkennen ist. Mit 75 Jahren sinken die Werte auf ein Niveau, das mit denen junger Erwachsener vergleichbar ist. Personen, die am besten für Urteils- oder Führungsrollen mit hohen Anforderungen geeignet sind, sind demnach zwischen 55 und 60 Jahre alt – und selten jünger als 40 oder älter als 65 Jahre.

Alan Kaufman, Professor für Psychologie an der Yale Universität, übt aus diesem Grund in einem wissenschaftlichen Artikel scharfe Kritik an der Ernennung von Richtern auf Lebenszeit, insbesondere im US-Bundesgerichtssystem. Denn die fluide Intelligenz, die logisches Denken umfasst und ab dem 40. Lebensjahr spürbar abnimmt, sei wichtig, um die Anforderungen schwieriger juristischer Entscheidungen zu erfüllen. Er argumentiert daher, dass das hohe Alter vieler Bundesrichter für juristische Entscheidungen schädlich sei.

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