Die Lebenserwartung nach einer Demenzdiagnose ist heute in einigen Ländern höher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Das zeigt eine internationale Studie, die in der Fachzeitschrift „Communications Medicine“ veröffentlicht wurde. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der kanadischen University of Waterloo analysierte dafür die Daten von über 1,2 Millionen Demenzpatienten über 60 Jahren aus acht Ländern – darunter Deutschland, Großbritannien und Südkorea.

„Demenz ist ein globales Gesundheitsproblem“, erklärt Hao Luo, Assistenzprofessorin und Hauptautorin der Studie. Als Grundlage wählte das Team Datensätze aus Krankenhaus- und Pflegedaten der Jahre 2000 bis 2018.

Eine zentrale Erkenntnis: Seit den 2000er-Jahren leben Demenzpatienten im Schnitt länger als zuvor – wenn auch nur moderat.

In fünf der acht untersuchten Länder ging das Sterberisiko nach einer Demenzdiagnose messbar zurück – vor allem dort, wo nationale Strategien bereits greifen oder sich in Umsetzung befinden. Denn die Kombination aus früheren Diagnosemöglichkeiten, den Fortschritten in der medikamentösen Behandlung von Demenzpatienten sowie psychosoziale Betreuung ermöglichen individuelle Therapien für Patienten.

Besonders Länder wie Kanada oder Großbritannien zeigen laut der Daten, dass mehr möglich ist, etwa durch Prävention, Früherkennung und Versorgung. Hier stieg die Lebenserwartung deutlich. Deutschland bewegt sich im Mittelfeld: Die Überlebenschancen haben sich hier weder deutlich verbessert noch verschlechtert. Wird in Deutschland zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr Demenz diagnostiziert, leben Patienten durchschnittlich noch 8,6 Jahre weiter. Ab dem 85. Lebensjahr sind es nur noch 2,2 Jahre. 

Gegenteiliger Trend in Neuseeland

Für Neuseeland ergab sich dagegen ein gegenteiliger Trend, das Sterberisiko stieg. Als mögliche Ursache tippen die Wissenschaftler auf den gesundheitspolitischen Kurswechsel der Regierung. Um Fachärzte zu entlasten, wurde in Neuseeland die Diagnose und Versorgung einfacher Demenzfälle in die Verantwortung der Hausärzte übertragen. Das führte dazu, dass viele Patienten erst im fortgeschrittenen Stadium und höheren Alter ins Krankenhaus kamen – ein Zeitpunkt, an dem das Sterberisiko besonders hoch ist.

Ein bisher kaum untersuchter Einflussfaktor sind Begleiterkrankungen – sogenannte Komorbiditäten. Dazu können neben starken Stimmungsschwankungen ausgeprägte Persönlichkeitsveränderungen, aggressives Verhalten, Traurigkeit oder Unruhe gehören. Die Studie klammerte diese Faktoren jedoch bewusst aus, um die Daten der Länder vergleichbar zu halten. Künftig wollen die Forscher die Auswirkungen dieser Aspekte jedoch genauer untersuchen.

Neben psychosozialer Betreuung, Medikamenten, Bewegung, Ernährung ist auch die familiäre Unterstützung ein Faktor bei der Lebenserwartung. Das neue Wissen über die Überlebenszeit, so die Forscher, sei daher auch eine wichtige Botschaft an pflegende Angehörige. Aber auch für Kliniken und politische Entscheidungsträger seien die neuen Daten eine verlässlichere Grundlage, um die Krankheitslast exakter einzuschätzen und Versorgungsangebote für Betroffene in der Zukunft zu planen.

Demenz ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene chronische Erkrankungen des Gehirns. Die häufigste Form ist Alzheimer. Statt bloß reiner Vergesslichkeit erleben Betroffene einen umfassenden Verlust ihrer Fähigkeiten, dazu zählen Orientierung, Kommunikation oder logisches Denken. Nach neuesten Berechnungen, unter anderem der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, leben allein in Deutschland derzeit etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Bis zum Jahr 2050 könnte sich die Zahl auf 2,3 bis 2,7 Millionen erhöhen.

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