Die Zahl der Schutzimpfungen steigt weltweit nur langsam. In manchen Ländern sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO sogar gefährliche Trends.

Impfskepsis und einbrechende Entwicklungshilfe etwa für Impfkampagnen sind nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO eine große Gefahr für die Gesundheit der Weltbevölkerung. 

"Wir sind extrem besorgt über Fehl- und Desinformation zu Impfungen", sagt Kate O'Brien, Direktorin der WHO-Impfabteilung. Auch die schrumpfenden Hilfsgelder seien "extrem problematisch", so O'Brien bei der Vorlage des jährlichen Berichts über die Impfraten weltweit von WHO und dem UN-Kinderhilfswerk Unicef. 

Das weitaus größte Hindernis für umfassenden Impfschutz bei Kindern seien Konflikte sowie die Schwierigkeit, Kinder in sehr abgelegenen Regionen zu erreichen. Im vergangenen Jahr hätten 14,3 Millionen Kinder im ersten Lebensjahr keine einzige Impfung erhalten, heißt es in dem Bericht. Im Jahr davor waren es 14,4 Millionen.

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Schon im vergangenen Jahr hätten Mittel gefehlt, um arme Länder mit Impfkampagnen zu unterstützen. Die teils drastischen Kürzungen von Entwicklungshilfe in diesem Jahr - durch die USA und viele andere Länder - dürfte verheerende Auswirkungen haben, fürchten WHO und Unicef. 

WHO und Unicef: Impfskepsis bringt Kinder in Gefahr

Auf die Haltung des als Impfskeptiker angesehenen US-Gesundheitsministers Robert Kennedy wollen Expertinnen und Experten nicht direkt eingehen. Sie verweisen aber auf die wichtige Rolle von Politikern sowie religiösen oder anderen Leitfiguren, um das Vertrauen in seit Jahrzehnten überwachte und geprüfte Impfstoffe zu stärken, nicht zu schwächen. 

"In gut 50 Jahren sind 150 Millionen Menschenleben durch Impfstoffe gerettet worden", sagt Ephrem Lemango von Unicef. Er rief alle Minister auf, deutlich zu machen, dass "Killerkrankheiten" wie Masern durch Impfungen verhindert werden können.

Krankheiten, die man nicht haben muss

Gürtelrose
Sie fühlen sich angeschlagen, ein dumpfer Schmerz meldet sich links in Ihrer Brust, er strahlt langsam aus und droht Sie zuzuschnüren. Ein paar Tage später blühen rote Flecken an Ihrer Brust auf, die sich zu einem Band oder Gürtel gruppieren. Spätestens jetzt ist klar: Sie haben eine Gürtelrose, auch Herpes Zoster genannt. Schuld an dieser schmerzhaften Krankheit ist das Varicella-Zoster-Virus (VZV). Stecken Sie sich das erste damit Mal an, bekommen Sie Windpocken. Das geschieht meist in der Kindheit. Danach sind Sie zwar ein Leben lang vor Windpocken geschützt, aber die Erreger bleiben im Körper und können zum Beispiel bei Stress eine Nervenentzündung auslösen - eben die berüchtigte Gürtelrose. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung steigt ab dem 50 Lebensjahr. Die möglichen Komplikationen sind gravierend: Siedeln sich zum Beispiel Bakterien auf der verletzten Haut an, droht Ihnen eine sogenannte Superinfektion: Die Stelle entzündet sich zusätzlich, sie vernarbt, und Ihre Haut kann sich sogar dauerhaft verfärben. Haben sich die Zosterbläschen auf Ihrer Stirn oder Ihrer Kopfhaut gebildet, kann der Erreger vorübergehend Ihre Gesichtsnerven lähmen. Ist das Virus in die Zellen Ihrer Augennerven gekrochen, zerstört es möglicherweise die Binde- und Hornhaut. Unter Umständen können Sie erblinden. Ungefähr jeder siebte, der eine Gürtelrose überstanden hat, entwickelt eine sogenannte postherpetische Neuralgie, starke Nervenschmerzen, die Monate länger dauern als die Gürtelrose selbst. Glücklicherweise kann man sich dagegen impfen lassen. © Getty Images
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Das WHO-Regionalbüro Europa und Unicef warnen, dass Nachlässigkeiten beim Impfen die kindliche Gesundheit gefährdeten und eine weitere Ausbreitung etwa von Masern und Keuchhusten begünstigten. Die Impfraten gegen solche Krankheiten seien in der Region mit 53 Ländern bis nach Zentralasien 2024 leicht rückläufig gewesen und unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit geblieben. Es gebe deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern.

Deutlich mehr Masern-Ausbrüche

Weltweit stieg die Abdeckung mit einer zweiten Masern-Impfdosis dagegen sehr leicht auf 76 Prozent. 30 Millionen Kinder weltweit seien allerdings nicht ausreichend gegen die gefährliche Krankheit geschützt. Die Impfrate müsste in jeder Region und jedem Land bei mindestens 95 Prozent liegen, um Ausbrüche zu verhindern, so die WHO. 2024 erlebten 60 Länder starke Ausbrüche. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2022. In manchen Ländern seien Ausbrüche auf verbreitete Impfskepsis zurückzuführen, sagte O'Bien. Wie viele Todesfälle das verursache, sei schwer zu schätzen. 2023 habe es weltweit nach Schätzungen mehr als 107.000 Todesfälle durch Masern gegeben. 

"Impfungen retten Leben, und wenn die Abdeckung sinkt, breiten sich Krankheiten aus", erklärte Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor Europa. Allein im vergangenen Jahr seien fast 300.000 Menschen in der Europa-Region an Keuchhusten erkrankt sowie mehr als 125.000 an Masern, was einer Verdreifachung beziehungsweise Verdopplung der Werte des Vorjahres entspreche. Er rief die Länder auf, ihre lokalen Gesundheitssysteme zu stärken, die Verfügbarkeit von Impfstoffen überall sicherzustellen sowie Fehlinformationen zu bekämpfen.

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Weltweit sind die Impfraten nach dem Bericht 2024 leicht gestiegen, so die WHO. Rund 85 Prozent der Säuglinge hätten drei Dosen der Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten (DTP - P für Pertussis, also Keuchhusten) bekommen. Das waren insgesamt 109.000 Säuglinge. Im Jahr davor sei es marginal weniger gewesen. Die DTP-Impfung gilt als wichtiger Indikator für die weltweite Durchimpfung. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) für Kinder unter anderem auch Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, Tetanus, Windpocken, und humane Papillomaviren (HPV).

Die HPV-Impfung, die Gebärmutterhalskrebs vorbeugt, sei weltweit eine Erfolgsgeschichte, sagte O'Brien. Der Anteil junger Mädchen, die die Impfung erhielten, sei weltweit um vier Prozentpunkte auf 31 Prozent gestiegen. Der Erfolg gehe vor allem darauf zurück, dass Nigeria und Bangladesch den Schutz vor HPV in ihre Routine-Impfungen aufgenommen haben. 2019 hatten erst 17 Prozent der Teenager die Impfung bekommen. Ziel bis 2030 ist es, 90 Prozent zu erreichen.

DPA rw

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